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Ukraine-Krieg

Soldaten aus MV in Litauen – Angehörige in Sorge

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

In der litauischen Stadt Rukla sind mehr als 1600 Nato-Soldaten stationiert, darunter auch Hunderte aus dem Nordosten Deutschlands. Das Kommando führt Oberstleutnant Daniel Andrä aus Viereck bei Pasewalk.
Veröffentlicht:26.02.2022, 18:37

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Die etwa 1600 Soldatinnen und Soldaten der Nato-Battlegroup in Rukla in Litauen schauen mit besonderen Gefühlen auf den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt. Schließlich ist die Einheit, die sich aus etwa 900 Soldaten der deutschen Bundeswehr sowie aus den Niederlanden, Norwegen, Tschechien, Luxemburg und Belgien zusammensetzt, in Litauen stationiert, um die Verteidigungsbereitschaft des Nato-Bündnisses und des Baltikums gegenüber Russland und Belarus zu demonstrieren.

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Grenze zu Russland ist nicht weit

Die Soldaten der multinationalen Einheit befinden sich aber auch in unmittelbarer Nachbarschaft von Konfliktparteien der militärischen Auseinandersetzung. Die Grenze zur russischen Enklave Kaliningrad liegt nur etwa 60 Kilometer entfernt. Etwa genauso weit ist es bis nach Belarus, dessen Diktator Alexander Lukaschenko Putin bekanntermaßen weitestgehend bedingungslos folgt, auch in den Krieg gegen die Ukraine.

Vorbereitung auf den Ernstfall

Trotz der jetzt eskalierten Auseinandersetzungen sei die „Stimmung in der Kaserne in Rukla keine schlechte“, sagt Oberstleutnant Daniel Andrä in einem Telefonat mit dem Nordkurier. Der Bundeswehroffizier führt normalerweise das Panzergrenadierbataillon 411, das in Viereck bei Pasewalk stationiert ist. Seit Anfang Februar steht er aber als Kommandeur der Nato-Truppe in Rukla vor. Aktuell ergebe sich aus dem Krieg in der Ukraine kein neuer Auftrag für die Soldaten. Es gehe nach wie vor darum, die Einsatzbereitschaft durch Übungen und Trainings zu erhöhen, um für den Ernstfall, sprich die Verteidigung Litauens, gewappnet zu sein. „Aber natürlich beobachten wir die Lage jetzt auch etwas weiter Richtung Ukraine und Russland“, sagt Andrä.

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Bislang alles noch Routine

Nur wenige Stunden nach dem Angriff Russlands hat Litauens Präsident Gitanas Nauseda den Ausnahmezustand in seinem Land verhängt. Damit wird es der Polizei und der Armee unter anderem ermöglicht, Fahrzeuge und Menschen im Grenzgebiet zu stoppen und zu durchsuchen. Über diese Maßnahme sei er informiert, sagte Andrä. Der Dienstbetrieb der Nato-Einheit werde von dem Ausnahmezustand aber nicht tangiert, der Auftrag sei der Gleiche. Seit Mittwochabend, als sich der Angriff Russlands abzeichnete, werde die Lage durch seinen Stab aber ohnehin im 24-Stunden-Takt noch einmal aufmerksamer verfolgt und ausgewertet, berichtet Andrä.

Seit Donnerstag, seit den Kämpfen in der Ukraine, gebe es einen verstärkten Austausch zwischen den Soldaten und den Angehörigen in der deutschen Heimat, von denen auch viele aus dem Nordosten kommen. „Natürlich machen sich Mütter und Väter, Ehepartner und Kinder Sorgen, angesichts der aktuellen Lage. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich kann die Angehörigen aber beruhigen“, sagte der Oberstleutnant. Die kontinuierliche Kommunikation sei gewährleistet. Jeder in der Kaserne habe ein Handy, zudem gebe es ein WLAN-Netz, das die Soldaten für Gespräche und Internetdienste nutzen können.

Nadelöhr nach Westeuropa

Litauen kommt unter den drei baltischen Staaten eine besondere Bedeutung zu, weil die zwischen Kaliningrad und Belarus gelegene Westgrenze des Landes der einzige Festlandzugang des Baltikums zu Westeuropa ist. Diese Grenze ist gerade einmal 100 Kilometer lang. Deshalb hat die sogenannte Suwalki-Lücke beziehungsweise der Suwalki-Korridor auch eine besondere strategische Bedeutung für das Baltikum und natürlich auch die Nato.

Vor diesem Hintergrund stellen sich besorgte Bürger natürlich die Frage, ob Putin seinen Angriff wirklich spätestens vor der Grenze zu den Nato-Ländern stoppt, zu denen auch Litauen, Lettland und Estland gehören. Diese Frage kann auch Oberstleutnant Andrä nicht beantworten. „Ich kann genauso wenig aus einer Glaskugel lesen wie alle anderen. In letzter Konsequenz sind wir aber auf alles vorbereitet.“