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Armenisches Mädchen begeistert ihre Lehrer

Tasten-Talent will nur spielen

Demmin / Lesedauer: 4 min

Wer als Viertklässler ein besonderes Talent oder Begabung hat, kann den gymnasialen Schulweg bereits ab der fünften Klasse starten. So wie die elfjährige Shorik.
Veröffentlicht:16.11.2014, 19:02

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Shorik Andreasyan ist seit diesem Jahr Schülerin in der fünften Klasse am Goethe-Gymnasium in Demmin. In ihrem Gesicht ist ein kleiner innerer Kampf zu erkennen, kaum dass sie auf der der Klavierbank am Flügel im Klassenzimmer sitzt. Sie möchte spielen – unbedingt. „Darf ich?“, vergewissert sich die Elfjährige bei Koordinator und Musiklehrer Dietrich Irmer. Ihre großen braunen Augen konzentrieren sich auf die Tastatur des Flügels. Innerhalb weniger Sekunden ist sie völlig vertieft, scheint mit ihren Gedanken meilenweit entfernt.

„Selbst ich habe erkannt, dass dieses Mädchen ein besonderes Talent hat, obwohl ich kein Musiklehrer bin“, sagt Schulleiter Dirk Kollhoff über seine erste Begegnung mit Shorik. Im Februar kam die Elfjährige mit ihrer Familie aus Armenien nach Deutschland. Im Sommer machte sie den Eignungstest zur Aufnahme in die fünfte Klasse am einzigen Musikgymnasium in Vorpommern – eine Ausnahme, da die Eignungstests sonst im Januar stattfinden. „Der Test war einfach“, sagt sie. Seit ihrem fünften Lebensjahr spielt Shorik Klavier. In ihrer alten Heimat wurde sie am Konservatorium unterrichtet.

Was für andere Kinder ein Buch, die Spielekonsole oder das Smartphone ist, ist für Shorik das Tasteninstrument. Da sie etwa eine Stunde vor Unterrichtsbeginn an der Schule ist, fragte sie ihre Lehrer, ob sie in der Zeit ans Klavier dürfte. Und diese Zeit rechnet Shorik gar nicht mit, wenn sie erzählt, dass sie ein bis zwei Stunden am Tag Klavier übt. Am liebsten spielt sie Stücke des armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan. Aber privat ist sie dann doch wie viele Gleichaltrige: Sie hört Popmusik und schaut gerne fern, am liebsten armenische Filme. Sie fühlt sich wohl in ihrer neuen Heimat, sagt sie.

Sprachliche Begabung überrascht Lehrer

Neben ihrem musischen Talent, überrascht das junge Mädchen ihre neuen Lehrer zudem mit ihrer sprachlichen Begabung. Obwohl sie erst so kurze Zeit in Deutschland lebt hat sie im Englischen bereits das Niveau ihrer Mitschüler erreicht. Ihr Lieblingsfach, nach dem Musikunterricht, ist allerdings Mathematik, sagt sie. Vielleicht, weil ihre Mutter als Mathematiklehrerin gearbeitet hat.

Das verbindende Element der Ausbildung aller 490 Schüler des Gymnasiums ist kulturelle Bildung, im speziellen aber die Musik und der Gesang. Es gibt drei feste Chöre sowie zahlreiche Ensemble und sogar eine Big Band. Den Spatzenchor zum Beispiel für die fünften und sechsten Klassen, in dem auch Shorik mitsingt.

Shoriks Stimme begeisterte ihre Lehrer so sehr, dass sich der Förderverein der Schule entschied erstmals ein Stipendium auszugeben. Mit diesem Modell möchte der Verein in Zukunft talentierte Schüler unterstützen, deren Familien die finanziellen Kosten der zusätzlichen Unterrichtsstunden nur schwer tragen können.

Irmer und Kollhoff möchten, dass Shorik beim Weihnachtskonzert am
9. Dezember in der St. Bartholomai-Konzertkirche auftritt.  Doch zuerst steht der Tag der offenen Tür des Gymnasium, am 22. November, auf dem Plan, bei dem viele kleine Konzerte der Schüler, den Besuchern ein Bild von der Ausbildung an der Schule geben sollen.

Hoffnung auf ein Studium in Rostock

Bei einem Blick in die Zukunft hält sich Irmer zurück, aber er hofft, dass Shorik zunächst an Musik-Wettbewerben des Landes teilnimmt. Und vielleicht am Ende ihrer Ausbildung am Musikgymnasium, wie viele ehemalige Schüler, einmal an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock oder woanders, Musik studiert. Für Shorik selbst ist es nur wichtig zu singen und Klavier zu spielen. Schnell möchte Sie zurück zur Unterrichtsstunde mit dem Chor, denn die Musik macht ihr am meisten Spaß.