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Schockanrufe

Trickbetrüger sind sehr schwer zu schnappen

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Der 300.000 Euro-Fall aus dem Raum Rostock bringt viele Menschen ins Grübeln. Kann die Polizei nicht einfach die Telefonnummern verfolgen? Doch so leicht ist das leider nicht.
Veröffentlicht:01.02.2021, 18:34

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Der krasse Trickbetrug aus der vergangenen Woche, bei dem eine 86-Jährige aus dem Landkreis Rostock um 300.000 Euro gebracht wurde, geht vielen Menschen nicht aus dem Kopf. Erhard Griebenow aus Neustrelitz zum Beispiel kann es nicht fassen, dass solche Täter nur selten geschnappt werden.

„Ich möchte solche schrecklichen Taten auf das Schärfste Verurteilen. Aber wie ist es möglich, mitten in Europa zu telefonieren, ohne dass der Anruf zurückverfolgt werden kann”, fragt er. Schließlich sei auf seiner Telefonrechnung auch immer im Detail aufgeführt, wann und mit wem er wie lange telefoniert habe. Das müsse doch bei allen Anrufen machbar sein, auch bei jenen aus dem Ausland. „Wenn ich mir vorstelle wie viele Millionen allein in Deutschland schon abgezockt wurden, wie viel menschliches Leid dahinter steht – dem muss doch viel mehr entgegengesetzt werden. Gibt es dafür überhaupt einen Plan”, fragt er.

Polizei verfolgt organisierte Banden

So einfach ist das leider nicht, teilt Polizeisprecherin Diana Mehlberg mit. „Wir gehen von bandenmäßigen Strukturen aus. Die Rufnummern der Betrüger sind regelmäßig gespooft, was bedeutet, dass wenn überhaupt eine Rufnummer angezeigt wird, die es so gar nicht gibt. Außerdem hätten die meisten Betroffeen gar keine Rufnummernübersicht mehr, da sie die kostengünstigen Flatrates der Telefonanbieter nutzen.

"Die Aufklärungsquote ist sehr schlecht, weil die Polizei meist erst Kenntnis bekommt, wenn es bereits zur Geldübergabe gekommen ist", erklärt Diana Mehlberg. "Es gab in der Vergangenheit einzelne Erfolge, wenn es der Polizei in Zusammenarbeit mit dem Geschädigten gelungen ist, am Telefon weiter mitzuspielen, um dann den Täter bei der Geldübergabe direkt stellen zu können."

Sie selbst könne sich aus ihrer eigenen Zeit bei der Kriminalpolizei an einen Fall erinnern. "Wir haben den Geldboten dann festnehmen können. Leider sind die Bandenstrukturen so aufgebaut, dass als Boten junge und unerfahrene Menschen eingesetzt werden, da die Gefahr der Festnahme bei Ihnen am größten ist. Der hat dann gar nichts gesagt, wusste vielleicht auch nichts. Er wurde jedenfalls wieder freigelassen."

Obwohl Polizei und Medien seit vielen Jahren unermüdlich vor Trickbetrügern am Telefon warnen, fallen vor allem ältere Menschen immer wieder auf Kriminelle herein. Zur Zeit sind die sogenannten Schockanrufe eine beliebte und erfolgreiche Masche der Betrüger. In der vergangenen Woche kam es im Landkreis Rostock zum traurigen Höhepunkt: Eine Seniorin wurde um sage und schreibe 300.000 Euro betrogen.

Falscher Sohn bittet um Geld

Es handelt sich nach Einschätzung von Experten um eine der höchsten einzelnen Schadenssummen bei Betrügereien seit Monaten in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Unbekannter hatte die Frau angerufen, sich als ihr Sohn ausgegeben und behauptet, er habe einen schweren Unfall verursacht und brauche nun dringend Geld, um die Schäden zu regulieren. Er könne nicht selbst zum Abholen kommen und werde einen befreundeten Rechtsanwalt als Boten schicken. Dieser holte dann das Geld bei der Frau zu Hause ab. Erst als die Frau später ihren wirklichen Sohn anrief, flog der Schwindel auf.

Im Nordosten häufen sich nach Auskunft der Polizei seit Wochen solche Schockanrufe. Zuletzt hatten Unbekannte Rentner in anderen Landkreisen um mehrere Zehntausend Euro betrogen. 2020 hatten Trickbetrüger im Nordosten mehr als 1,5 Millionen Euro erbeutet. In der Region um Rostock meldete die Polizei zuletzt etwa 40 solcher Trickbetrugsanrufe.