StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernWarum überhaupt Mietzuschuss für Abgeordnete?

Fall Friemann-Jennert

Warum überhaupt Mietzuschuss für Abgeordnete?

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Seit Tagen beschäftigt der Fall der CDU-Abgeordneten Friemann-Jennert, die bei Abrechnungen geschummelt haben soll, die Öffentlichkeit. Doch ist die ganze Regelung eigentlich noch zeitgemäß?
Veröffentlicht:06.03.2019, 06:00

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Landtagsabgeordnete, die außerhalb eines Radius von 30 Kilometer um Schwerin ihren Hauptwohnsitz haben, können einen Zuschuss für eine Miet-Nebenwohnung in der Landeshauptstadt bekommen. Seit Tagen macht nun die CDU-Abgeordnete Maika Friemann-Jennert Schlagzeilen, weil sie im Verdacht steht, sich den Zuschuss erschummelt zu haben. Sie soll gar nicht mehr in Ludwigslust wohnen und ein Haus in Schwerin besitzen. Friemann-Jennert hatte die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen.

Die Landtagsverwaltung hat ein Prüfverfahren eingeleitet, die Staatsanwaltschaft einen Prüfvorgang angelegt. Die rot-schwarze Koalition und die oppositionelle Linke im Landtag sehen unterdessen keinen Änderungsbedarf bei den Mietkostenzuschüssen für Abgeordnete. „Die Regelung hat sich bewährt. Wenn ein Abgeordneter nach einer Landtagssitzung, die in der Regel bis in den späten Abend reicht, am nächsten Morgen ab 8.30 Uhr wieder im Landtag sein muss, ist eine Übernachtung in Schwerin effektiver als eine Fahrt nach Hause“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Krüger dem Nordkurier. Ähnlich äußerte sich ein CDU-Sprecher.

MV, das Land der Pendler

Auch die Linke lehnt eine Änderung der Regelungen ab: „Wenn jemand diese Regelung missbräuchlich anwenden sollte, muss nicht die Regelung in Frage gestellt werden, sondern das Verhalten derjenigen, die ungesetzlich handeln“, meinte Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg.

Anders sieht das die AfD: „Mecklenburg-Vorpommern ist das Land der Pendler. Wir plädieren dafür, den Mietkostenzuschuss komplett zu streichen“, sagte Fraktionsvorsiotzender Nikolaus Kramer. Der Bürger erhalte auch keinen und müsse gerade in MV oft lange Strecken zum Arbeitsplatz zurücklegen. Doch die AfD sieht offenbar keinen akuten Handlungsbedarf: Über den Zuschuss sollte man erst in der kommenden Legislatur diskutieren, so Kramer.

Abgeordnete aus Vorpommern benachteiligt?

Der BMV/Freie Wähler als kleinste Oppositionsfraktion stößt der 30-Kilometer-Radius sauer auf: „Ich persönlich halte das für eine deutlich zu geringe Distanz“, so Fraktionschef Bernhard Wildt. Viele Erwerbstätige führen täglich weit längere Strecken zur Arbeit. „Mein Sohn, der in Bergen zur Schule geht, hat mit 33 Kilometern sogar einen weiteren Schulweg und benötigt mit dem Bus mehr als 1,5 Stunden für eine Strecke“, sagte der Politiker.

Wildt findet aber auch Argumente für die Regelung im Allgemeinen: „Abgeordnete die weit entfernt von Schwerin leben und dort ihren Wahlkreis haben, beispielsweise in Vorpommern, sind gegenüber Abgeordneten aus Schwerin deutlich benachteiligt. Um diese Benachteiligung wenigstens finanziell auszugleichen, können Übernachtungen in Hotels bis zu 450 Euro pro Monat gegenüber dem Landtag abgerechnet werden. Alternativ dazu kann eine Zweitwohnung für 450 Euro angemietet werden. Ab einer bestimmten Übernachtungsanzahl ist also die Anmietung einer Wohnung günstiger.“

Die Regelung bedeute also: So werden alle Abgeordneten finanziell gleich behandelt, egal, ob sie in Schwerin leben oder an der polnischen Grenze. Würde man diese Regelung ersatzlos streichen, wären die Landtagsabgeordneten, die weit entfernt von Schwerin leben, deutlich benachteiligt, findet der Fraktionschef.