StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernWer auf Reisen pinkeln muss, hat's schwer

Grebe klagt, Bahn macht Pause

Wer auf Reisen pinkeln muss, hat's schwer

Ludwigslust / Lesedauer: 4 min

Toilettenbesuche auf Reisen halten Fallstricke parat. Während Rainald Grebe gegen die Toilettengebühr an Autobahnen klagt, legte die Bahn zwischen Berlin und Hamburg einen außergewöhnlichen Stopp ein.
Veröffentlicht:18.11.2017, 10:58
Artikel teilen:

Der Kabarettist und Liedermacher Rainald Grebe (46, „Brandenburg”) will bei Raststätten an Autobahnen kostenlos auf die Toilette gehen, deshalb hat er das Land Rheinland-Pfalz verklagt. Denn oft sind beim Stillen Örtchen 70 Cent fällig. Am Freitag hat sich das Verwaltungsgericht Koblenz damit befasst. Nach Einschätzung von Grebes Anwalt Oliver Ganseforth hat bundesweit noch kein solcher Fall ein Gericht beschäftigt. Grebe war bei der Verhandlung nicht da.

Laut dem Anwalt des Kabarettisten verstößt die Gebühr von Toiletten an Autobahnen gegen die Gaststättenverordnung Rheinland-Pfalz, die eine kostenlose Nutzung für Gäste vorschreibe, und gegen das Prinzip der Daseinsvorsorge, die eine Grundversorgung der Bürger vorsehe. Eine Entscheidung will das Verwaltungsgericht Koblenz erst in zwei bis drei Wochen bekanntgeben.

Daseinsvorsorge nicht immer kostenlos

Der Vorsitzende Richter Ralf Geis zog in Zweifel, ob Grebe sich mit dem Land Rheinland-Pfalz den richtigen Adressaten seiner Klage ausgesucht habe, weil der Bund der Vertragspartner der Autobahn Tank & Rast GmbH sei, die viele Raststätten betreibt. Zudem ist laut Geis auch die Daseinsvorsorge für Bürger nicht immer kostenlos, wie beispielsweise die Versorgung mit Trinkwasser zeige. Die Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz und der Autobahn Tank & Rast GmbH betonten, die Toilettengebühr sei rechtlich zulässig.

Anwalt Ganseforth verwies auch auf den Sicherheitsaspekt: Manche Autofahrer wollten nicht für Toiletten zahlen und sagten sich: „Ach, ich bin ohnehin in einer halben Stunde zu Hause, dann drücke ich noch ein bisschen aufs Gas.”

Ganseforth betonte, dass die Klage kein Marketinggag sei: Man müsse zwischen dem Kabarettisten und dem privaten Kläger Grebe trennen. Dieser wohne nicht in Rheinland-Pfalz, fahre aber auch hier Auto. Rheinland-Pfalz sei eines der wenigen Bundesländer, in denen die Gaststättenverordnung ausdrücklich kostenlose Toilettennutzung vorschreibe.

Pinkelfrust in Ludwigslust – Bahn macht Pause in der Provinz

Ein ganz spezielles Örtchen haben Bahnreisende an der Strecke zwischen Berlin und Hamburg entdeckt. Ihr Zug hielt am Donnerstag in Ludwigslust, einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern auf halber Strecke zwischen den Metropolen. Der ganze Stolz des Städtchens ist ein Barockschloss. Doch nicht wegen dieses Bauwerks stoppte der Lokführer seinen Schnellzug.

Berlin, kurz vor halb Neun am Morgen: Um diese Zeit nutzen vor allem Geschäftsreisende den ICE nach Hamburg, die Fahrtzeit beträgt knapp zwei Stunden. An diesem Donnerstag aber ist vieles anders. Der ICE fällt aus. Später wird die launige Zugchefin im Ersatzzug sagen: Der ICE musste in der Werkstatt bleiben, dafür haben sie uns diesen Zug hingestellt, machen wir das Beste daraus. Erstes leichtes Gelächter unter den Fahrgästen.

Erst der Kaffee, dann die Toilette

Der Ersatzzug ist ein Intercity, IC 2904. Er ist nicht besonders lang, es gibt weder ein Bordbistro noch reservierte Plätze. Dafür kommt eine mobile Verkäuferin mit Filterkaffee. Der Internetzugang ist mäßig – aber das neue Vorzeigeprogramm der Bahn heißt ja auch „WIFIonICE”, nicht „WIFIonErsatzzug”.

Einige Zeit nach dem ersten Halt in Berlin-Spandau kommen in einem der typischen Großraumwagen erste Gespräche auf: Es geht um ein menschliches Bedürfnis. Das aber gestaltet sich schwierig, sind doch fast alle Toiletten im Zug defekt – bis auf eine. Wer regelmäßig mit dem bundeseigenen Unternehmen unterwegs ist, kennt das Phänomen.

Wenig später aber muss auch das letzte funktionsfähige Klo an Bord passen. Dann meldet sich die Zugchefin: Liebe Fahrgäste, wir werden gleich einen außerplanmäßigen Halt machen – in Ludwigslust. Damit Passagiere ihrem menschlichen Bedürfnis nachgehen können.

20 Minuten Pinkelpause

Ein netter Zug, verfügt der kleine Bahnhof in Ludwigslust doch über Toiletten. Und der Regionalzug, der zufällig gegenüber steht, öffnet extra seine Türen und damit Klos für die Fahrgäste von IC 2904. Und in der Tat nutzen zahlreiche Passagiere den unfreiwilligen Zwischenstopp. Nach etwas mehr als 20 Minuten geht es weiter. Wieder meldet sich die Zugchefin: Ich finde, das haben wir alle gemeinsam gut hinbekommen.

Immerhin beweist das Twitter-Team der Bahn Sinn für feinen Humor. In einer Antwort von DB Personenverkehr auf einen Tweet über die Erlebnisse an Bord von IC 2904 heißt es: „Auweia! Tut mir leid, dass die Fahrt nicht den gewünschten Komfort bietet.”

Den beeinträchtigten Komfort bedauert auch ein Bahnsprecher am Nachmittag. Der Intercity sei ordnungsgemäß aus der üblichen Wartung mit Be- und Entwässerung gekommen, sagt er und fügt hinzu: „Warum die Toiletten dann nicht funktionierten, müssen wir jetzt untersuchen.”