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Vor allem Kinder

Gebeine von 16 Feuertoten in Malchin gefunden

Malchin / Lesedauer: 3 min

In Malchin wird ein großer Parkplatz gebaut. Dabei wurden die verkohlten Skelettreste von 14 Kindern und zwei jungen Frauen gefunden. Ihr Überlebenskampf muss grausam gewesen sein.
Veröffentlicht:25.04.2019, 07:50

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Es waren erschütternde Schilderungen, mit denen Rudolf Wessel vor einem Jahr aufhorchen ließ. Als er von den bevorstehenden Tiefbauarbeiten auf Malchins Großparkplatz erfuhr, wurden bei dem 89-Jährigen die Erinnerungen an die letzten Kriegstage in Malchin wieder wach.

Die Rote Armee saß mit ihren Panzern wegen der gesprengten Brücke über den Dahmer Kanal in Malchin fest. In den Nachmittagsstunden des 30. April 1945 ging die Innenstadt in Flammen auf, etliche Frauen und Kindern suchten Schutz im Gewölbekeller eines Bierlagers an der Ecke Schultetus-/Achterstraße. Was aus ihnen geworden ist, konnte bisher nie geklärt werden.

Völlig verkohlte Skelettreste

74 Jahre später – im April 2019 – ist der eingestürzte Gewölbekeller im Zuge des Parkplatzbaus nun wieder freigelegt worden. Beim Untersuchen der alten Mauerreste machten die Archäologen eine grausame Entdeckung. Sie stießen auf eine Vielzahl völlig verkohlter Skelettreste.

Für die herbeigerufene Polizei war die Sache schnell klar: Die Toten müssen im Zusammenhang mit dem Kriegsende stehen, so dass der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hinzugezogen wurde. Joachim Kozdowski traf wenig später in Malchin ein. Seine Aufgabe beim Volksbund ist es, die sterblichen Überreste von durch Kriegseinwirkungen Verstorbener umzubetten.

Was er in dem Kellerraum an der Schultetusstraße vorfand, wird er später als „brutale Verbrennungen“ beschreiben. „Die Gebeine erstreckten sich über mehrere Fundstellen in dem Kellerraum. Die Knochen waren völlig verkohlt.“ Und trotzdem fand der Experte heraus, dass der Keller für 14 Kinder und zwei junge Frauen zum Grab geworden war. „Die Kinder lagen zu zweit oder zu dritt zusammen. Ein Junge hatte es noch bis in die Nähe des Kellerausgangs geschafft. Seine Überreste waren am wenigsten verbrannt. Offenbar hatte er noch versucht, sich zu retten“, berichtet Kozdowski. Doch auch für diesen Jungen gab es kein Entkommen.

Noch mehr Tote

Nach Ansicht des Experten sind die Kinder und Frauen durch eine Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben. Zu vermuten sei, dass die brennende Bausubstanz danach bis in die Keller stürzte und die hier bereits Verstorbenen dann verbrannten. Und – da ist sich Kozdowski mittlerweile sicher – in dem Kellerraum fanden noch mehr Leute als die jetzt entdeckten 16 Kinder und Frauen den Tod. „Es liegen noch Gebeine außerhalb des jetzigen Bauteppichs, wie viele Tote das sind, kann ich noch nicht sagen.“

Der Kellerraum ragte noch etwa zwei Meter in Richtung Schultetusstraße hinein, lag also unter dem jetzigen schmalen Grünstreifen und einem Teil des Fußgängerweges. „Ich hoffe, dass wir diese sterblichen Überreste auch noch bergen können. Doch das müsste extra angeordnet werden, weil dieser Bereich nicht mehr zur eigentlichen Baustelle gehört.“ Bisher ist darüber nicht entschieden.

Auf Malchiner Friedhof beigesetzt

Die Gebeine der 14 Kinder und zwei Frauen hat Joachim Kozdowski nun auf dem Malchiner Friedhof beigesetzt. Dass es sich um jene Malchiner handelt, von denen Rudolf Wessel im vergangenen Jahr berichtet hatte, ist wohl sehr wahrscheinlich. Auf diese Zeit deuten einige persönliche Dinge hin, die bei den Toten entdeckt worden waren: ein Kamm, ein Ring und eine Einstecknadel für die Haare.