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Nachruf

Das "gute Herz von Röbel" hat aufgehört zu schlagen

Röbel / Lesedauer: 4 min

Plötzlich und überraschend ist Petra Beyer, seit Jahrzehnten Bibliothekarin in Röbel, gestorben. Viele Menschen hat diese Nachricht sehr erschüttert.
Veröffentlicht:04.09.2019, 08:45

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Petra Beyer war ein Mensch, der andere Menschen sehen konnte, der andere Menschen wirklich wahrgenommen hat. In ihren Augen spiegelte sich jedes Gegenüber wider, konnte sich jedes Gegenüber erkennen. Wer einmal mit Petra Beyer gesprochen hat, wird dieses Gespräch wohl nie wieder vergessen haben, dieses Gefühl, dass hier ein Mensch vorurteilsfrei, wirklich interessiert und liebevoll zuhört. Gibt es eigentlich einen Menschen in Röbel, der Petra Beyer nicht kannte?

Die meisten werden sie wohl vor allem als Bibliothekarin wahrgenommen habe, als einen Mensch, der seine große Liebe zur Literatur zum Beruf gemacht hatte. Seit 1984, seit sage und schreibe 35 Jahren, war Petra Beyer Bibliothekarin der Müritzstadt. Dass die Bibliothek in Röbel einen so hohen Stellenwert hat, auch das ist ihr Verdienst. Sie absolvierte unendlich viele Lesungen vor Schülern und Kita-Kindern, um sie für die Welt der Bücher zu begeistern. Sie kannte meist schon die Eltern dieser Kinder, die sie zuvor schon zum Lesen gebracht hatte. Petra Beyer hatte aus Anlass der Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten 2007 die Aktion „Röbel liest” aus der Taufe gehoben. Menschen aus Röbel und Umgebung kamen und lasen Jahr für Jahr aus ihren Lieblingsbüchern – immer ein wunderbarer Lese- und Zuhörmarathon, der die Stadt über zehn Jahre hinweg kulturell bereichert hatte.

Sie kümmerte sich auch liebevoll um ihre betagte Nachbarin

Petra Beyer hatte gemeinsam mit ihrer Kollegin Edith Seefeldt den Bücherflohmarkt „erfunden”: diese überaus beliebte Bücher-Recyclingmaßnahme, bei der von Bürgern gespendete Bücher verkauft wurden, so dass neue, aktuelle Bücher für die Bibliothek gekauft werden konnten. Und egal, ob man nun mit einer längst aus der Mode gekommenen Marx-Engels-Gesamtausgabe als Spende zu Petra Beyer kam oder mit dem brandneuesten Adler-Olsen-Krimi – ihre Freude über ausnahmslos jede Gabe war echt. Und auch das war Petra Beyer: 2006 wurde sie auf dem Röbeler Neujahrsempfang dafür ausgezeichnet, dass sie sich liebevoll um eine 94-jährige Nachbarin kümmerte, so dass die Dame in ihrer Wohnung bleiben konnte.

Petra Beyer war auch politisch aktiv

Petra Beyer war auch ein politischer Menschen – parteilos, aber mit einer Meinung. Sie saß für die SPD einst in der Röbeler Stadtvertretung und im Kreistag, sie hatte bei der jüngsten Kommunalwahl im Mai sehr viele Stimmen geholt. Aus persönlichen Gründen aber hatte sie das Mandat für die Stadtvertretung nicht angenommen. „Für sie war Menschlichkeit wichtig, und da war es egal, woher jemand kam oder welchen politischen Hintergrund er hatte. Das war nicht aufgesetzt, das war echt”, sagte Röbels SPD-Ortsvereinsvorsitzender Steffen Westerkamp. Dass Petra Beyer nun nicht mehr lebt, daran, sagt er, werde er sich wohl kaum gewöhnen können. „Das ist für uns alle sehr schwer”, erklärte Westerkamp.

"Ihr Lächeln war so herzlich"

Lange Jahre war Petra Beyer auch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt – ein Amt, in das sie ihre Menschlichkeit und ihre Wärme eingebracht hatte. „Gab es eigentlich jemanden, der besser für dieses Amt geeignet war als sie? Ich glaube nicht”, fragte Röbels Stadtpräsident Hans-Dieter Richter. Ihn hatte die Nachricht vom Tod Petra Beyers schwer getroffen: „Ich verliere eine Freundin.” Sie habe sich sehr um andere Menschen gekümmert, auch, „wenn manchmal die eigene Kraft nicht ausreichte.” Er und Röbels Bürgermeister Andreas Sprick (CDU) bezeichnen Petra Beyer als „das gute Herz der Stadt”. „Dass dieses Herz nicht mehr schlagen soll, daran mag ich mich nicht gewöhnen. Für sehr viele Menschen in unserer Stadt ist der Tod von Petra Beyer ein großer Verlust. Unser Mitgefühl gilt natürlich ihrer Familie”, sagte Röbels Bürgermeister. Er will an den schönen Erinnerung festhalten, die er mit Petra Beyer verbindet – an ihr Lachen zum Beispiel, „das so herzlich war und sie fast immer begleitete.”

Die Röbeler Bibliothek bleibt in Erinnerung an Petra Beyer in dieser Woche geschlossen. Ab Montag hat die Bibliothek wieder geöffnet, und dann wird dort zu den üblichen Öffnungszeiten ein Kondolzenbuch ausliegen, in das sich jeder, der möchte, eintragen kann.