Anthrax-Alarm in Zislow
Dorfstreit erreicht geschmacklosen Gipfel
Zislow / Lesedauer: 3 min
Uwe Albrecht ist angetreten, um für Frieden in Zislow zu sorgen. Erst im vergangenen August wurde der 61-Jährige mit großer Mehrheit von den Anwohnern zum neuen Bürgermeister gewählt. Heute wurde er möglicherweise Opfer eines Anschlags oder eines ganz makaberen Scherzes. Seine Ehefrau hat am Donnerstagnachmittag den Briefkasten geleert und darin einen Briefumschlag ohne Absender aufgefunden. In dem Briefumschlag befand sich loses weißes Pulver und ein Zettel auf dem das Wort „Anthrax” und ein lachender Smiley standen. Daraufhin verständigte das Ehepaar die Rettungsleitstelle, die umgehend die Polizei, die Feuerwehr aus Neustrelitz mit ihrem Gefahrgutzug und die Freiwillige Feuerwehr aus Stavenhagen alarmierte.
Der Umschlag mit dem Pulver ist auf dem Weg zum Robert-Koch-Institut in Berlin. „Da gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich tatsächlich um Anthrax handelt, wurden der Bürgermeister und seine Ehefrau in ihrem Haus unter Quarantäne gestellt”, teilte Kathrin Jähner von der Polizeiinspektion Neubrandenburg mit. Auch die unmittelbaren Nachbarn müssen in ihren Häusern bleiben.
Warum wurde ausgerechnet Uwe Albrecht, der seit 2009 in der Gemeinde lebt, zur Zielscheibe?
Mehrfach und nachdrücklich hatten die Zislower den studierten Betriebswirt gebeten, sich als Bürgermeister-Kandidat aufstellen zu lassen. Von den abgegebenen 138 Stimmen bekam er im August 125, rund 90 Prozent der Zislower, die zur Wahl gegangen waren, hatten sich für Albrecht entschieden. Der Auftrag für den Mann, der einst kaufmännischer Leiter des Continental-Konzerns war und nun im Vorruhestand ist: Die Gräben, die im Dorfleben ausgehoben wurden, wieder zu heilen.
Albrecht ist der Nachfolger von Hartmut Kyek (Wählergruppe Pro Zislow/Suckow), der im Februar 2018 überraschend zurückgetreten war und der die Streitigkeiten innerhalb der Gemeindevertretung öffentlich gemacht hatte. Nicht nur Kyek war zurück getreten, sondern auch zwei weitere Gemeindevertreter hatten ihre Mandate niedergelegt.
Auch die Zislower selbst waren mit ihrer Gemeindevertretung unzufrieden. 119 Zislower und Suckower hatten eine Petition unterschrieben, in der der sofortige Rücktritt der gesamten Gemeindevertretung und Neuwahlen des Gemeinderates gefordert wurden. Eine Forderung, die ins Leere lief.
Die Arbeit des neuen Bürgermeisters kann sich sehen lassen. 34 Punkte, die die Gemeindevertretung verabschiedet hatten, waren nach Einschätzung der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde beim Landkreis zu beanstanden.30 dieser Punkte sind inzwischen nach Albrechts Amtsantritt bereinigt worden. Die restlichen vier Punkte seien noch nicht geklärt, „aber auf einem guten Weg“, so Albrecht. Zu den zurückgenommenen Entscheidungen gehörte zum Beispiel auch die Entlassung des Geschäftsführers der gemeindeeigenen Wald- und Seeblick Camp GmbH, der nun wieder im Amt ist.
„Mit mir in Streit zu kommen, ist schwierig. Ich bin keiner, an dem man sich abarbeiten kann. Ich stehe für Ausgleich, für die Suche nach einem guten Kompromiss, für einen guten Umgang miteinander. Mir geht es darum, den Ortsfrieden wieder herzustellen“, sagte Albrecht dem Nordkurier.
Bis zum Mai 2019 ist Uwe Albrecht gewählt. Dann stehen wie in allen Gemeinden Neuwahlen an. Schon vor dem Vorfall ließ er offen, ob er wieder antritt.