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Stadtpolitik

Warener Einwohner fordert Rederecht zu allen Themen

Waren / Lesedauer: 4 min

Fragen stellen ja, aber bitte nicht zu den aktuellen Tagesordnungspunkten. Das ist derzeit die Praxis bei den Einwohnerfragestunden in den Fachausschüssen und in der Stadtvertretersitzung in Waren. Darüber ärgert sich ein Warener und verweist auf eine Nachbarstadt. Da wurde das nämlich gerade erst geändert.
Veröffentlicht:09.07.2020, 07:26

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Steffen Ulbricht ist neuer Dauergast. Wenn Warens Stadtpolitiker öffentlich tagen, sitzt Ulbricht regelmäßig auf einem der Gästeplätze und ergreift auch mal das Wort. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn wer wann welche Fragen stellen darf, ist streng geregelt, wie Steffen Ulbricht verwundert feststellen musste. So kam er kürzlich extra zur Sitzung des Finanzausschusses, wo heftig über das Beförderungskonzept „Müritz rundum“ diskutiert wurde.

Themen auf der Tagesordnung sind tabu

Steffen Ulbricht wollte von den Mitgliedern wissen, warum sich „Müritz rundum“ so stark auf die Busse konzentriert und nicht noch mehr die Fahrgastschiffe einbezieht. Außerdem wollte er auf die Benutzerunfreundlichkeit der App von der MVVG aufmerksam machen. Zwar ließ der Ausschussvorsitzende Ralf Spohr (CDU) den Warener zu Wort kommen, doch eigentlich hätte er sich gar nicht inhaltlich zu „Müritz rundum“ äußern dürfen, weil dieses Thema auf der Tagesordnung des Ausschusses steht. Einwohner dürfen nämlich nur Fragen zu Themen stellen, die bei der Ausschusssitzung oder der Stadtvertretersitzung nicht behandelt werden. Dies wurde Steffen Ulbricht erneut mitgeteilt, als er kürzlich auch bei der Einwohnerfragestunde in der Stadtvertretung ans Rednerpult ging.

„Die Stadtvertreter sollen unbeeinflusst abstimmen können“, begründete Hauptamtsleiter Florian Tornow die Regelung. Steffen Ulbricht verwies auf die Nachbarstadt Neustrelitz. Dort wurde Ende Mai mehrheitlich die Hauptsatzung unter anderem dahingehend geändert, dass in der Einwohnerfragestunde nun auch Themen erlaubt sind, die in der jeweiligen Sitzung zur Beratung anstehen. „Ich würde das im Sinne der Bürger gut finden“, sagte Steffen Ulbricht.

Zu viele Fragen könnten Zeitrahmen sprengen

Warens Bürgermeister Norbert Möller (SPD), zeigte sich skeptisch. „Das ist in der Kommunalverfassung klar geregelt. Ich bin gespannt, wie die Rechtsaufsicht des Landkreises diese Änderung bewertet“, sagte Möller. Als Steffen Ulbricht noch mehr Zettel mit Fragen auspacken wollte, wurde er gebeten, mit Rücksicht auf den Zeitrahmen der Sitzung seine Fragen zur schriftlichen Beantwortung bei der Verwaltung einzureichen. Frustriert und verärgert nahm Ulbricht wieder Platz.

Tatsächlich sprengen Sitzungen mit vielen Tagesordnungspunkten und streitbaren Themen regelmäßig den zumutbaren Zeitrahmen. Nicht selten dauert allein der öffentliche Teil von Ausschusssitzungen und Stadtvertretersitzungen allein vier Stunden, in denen die Stadtpolitiker und die Verwaltungsmitarbeiter ohne Pause konzentriert arbeiten und das meist zusätzlich nach einem regulären Arbeitstag. Durch die Corona-Krise und das Ausfallen mehrerer Ausschusssitzungen haben sich zudem viele Themen angestaut, die nun abgearbeitet werden müssen. In Malchow führte das kürzlich dazu, dass eine zweite Stadtvertretersitzung ein paar Tage später angesetzt werden musste und zudem viele Punkte von der Tagesordnung gestrichen wurden, was die Grünen, die diese Themen eingereicht hatten, sehr verärgerte.

Einheitliche Mail-Adressen sollen Kontakt erleichtern

Um den Dialog zwischen den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern und den Bürgern zu verbessern, hat der Warener Präsident der Stadtvertretung, Rüdiger Prehn (Die Linke) neue einheitliche Mail-Adressen für alle Fraktionen eingeführt. Alle Stadtvertreter kann man nun über eine Adresse nach dem Muster „[email protected]“ anschreiben. Wer sich an alle Mitglieder eines Fachausschusses wenden möchte, kann dies auch tun. So lautet beispielsweise die Adresse des Stadtentwicklungsausschusses „[email protected]“, der Finanzausschuss wird mit „fa“, der Umweltausschuss mit „ua“, der Kultur-, Bildungs- und Sozialausschuss mit „kbs“ und der Hauptausschuss mit „ha“ abgekürzt. Auch die Fraktionen sind einheitlich erreichbar über „fraktion_kü[email protected]“. So könne sich jeder an den Personenkreis wenden, den er für richtig halte.

Interesse an Sprechstunden gestiegen

Bei der Kommunikation zwischen Stadtpolitik und Bürgern möchte Rüdiger Prehn so wenig Grenzen wie möglich haben. Darum ist er als Stadtpräsident auch über die sozialen Netzwerke Twitter, Facebook und Instagram erreich- und ansprechbar. Für längere Artikel hat Prehn auf seiner Internetseite www.ruedigerprehn.de/category/stadtpraesident einen Blog eingerichtet, wo er über sein Ehrenamt und die Anliegen der Bürger berichtet. Einmal im Monat kann man Prehn natürlich auch persönlich bei einer Bürgersprechstunde besuchen. Die hat er vom historischen Rathaus auf dem Neuen Markt in das barrierefreie Verwaltungsgebäude am Amtsbrink verlegt.

Die Anzahl der Bürger, die dieses Angebot nutzen, sei deutlich gestiegen, sagte Prehn dem Nordkurier. Meist seien es Dinge, die mit ein paar Anrufen erledigt werden können, wie beispielsweise eine bessere Beschilderung beim Drehkreuz am Volksbad.