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Krieg in der Ukraine

Flüchtlinge in Waren – nach den Telefonaten fließen Tränen

Waren / Lesedauer: 3 min

In Waren an der Müritz dient die Jugendherberge vorerst nur einem Zweck – der Aufnahme von Flüchtlingen. Das DRK begleitet die Gäste auf deren ersten Schritten in Deutschland.
Veröffentlicht:02.05.2022, 17:57

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Gelöste Stimmung im Seminarraum. Hier in der zweiten Etage der Warener Jugendherberge sitzt die „erste Schicht“ der Schüler, die gerade versucht, den kurzen deutschen Sätzen ihrer Lehrerin Tanja zu folgen. Jemand hat etwas falsch verstanden, die anderen kichern. Alles andere als böse – alles ist gut, was ein wenig aufheitert.

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Kaum Chancen auf eine richtige Wohnung

Denn die Gäste in der Jugendherberge haben schlimme Zeiten hinter sich. Allesamt, 103 Kinder und Frauen und wenige Männer sind es gerade, mussten in den vergangenen Wochen aus ihrer ukrainischen Heimat fliehen. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat die Herberge im Auftrag des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte übernommen und bis zum Jahresende komplett gemietet, um Flüchtlinge aufnehmen zu können. „Die bleiben hier“, erklärt Ronny Möller, der sich für die Hilfsorganisation hier um alles kümmert und die Fäden in der Hand hält, „bis ein geeignetes Quartier für die Gäste gefunden ist.“ Das allerdings stellt sich schwierig dar, im Heilbad Waren gibt es kaum Leerstand auf dem Wohnungsmarkt. Erst zwei Familien konnten seit der Ankunft der ukrainischen Flüchtlinge die Jugendherberge verlassen.

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Spezielle Klassen für Ukrainer in mehreren Schulen

Die Kinder dürfen schon seit Ende März wieder in die Schule gehen, in der Grundschule und in der Regionalschule oben auf dem Warener Papenberg sind Willkommensklassen gebildet worden. Drei Kinder hat sogar das Gymnasium der Stadt aufgenommen. „Die lernten schon in der alten Heimat Deutsch“, sagt Möller. Morgens ab halb sieben kann im „Essensaal“ gemeinsam gefrühstückt werden, dann begleiten Erwachsene die Kinder auf deren Wegen in die Schulen.

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Überhaupt, die Gäste haben zu Möllers Freude ein funktionierendes System der Selbstverwaltung geschaffen, überall hängen Listen mit wechselnden Verantwortlichkeiten fürs Saubermachen und Abwaschen. Das klappe gut, heißt es. Straff organisiert für die Neuankömmlinge haben die Leute vom DRK auch deren Behördengänge. „Wir besorgen die Termine und notwendigen Unterlagen, damit nichts schief geht und alle schnell ihren Status als Flüchtlinge erhalten“, erklärt der Verantwortliche. Der sogar weit unten in seinem Gedächtnis gekramt und dort noch einige russische Vokabeln für die Verständigung gefunden hat. „Niemand reagiert hier wegen des Krieges mit den Russen sauer auf die russische Sprache“, sagt Ronny Möller.

Nach Telefonaten fließen die Tränen

Tanja, die eine Etage weiter oben gerade mit einigen Flüchtlingen die deutsche Sprache paukt und mit der auch gelacht wird, ist selbst eine Ukrainerin, die aber schon seit vielen Jahren in Deutschland lebt. Die Frau sei perfekt für den Job, heißt es, denn schon früher und in der alten Heimat habe sie als Lehrerin für die deutsche Sprache gearbeitet.

Manchmal allerdings muss Ronny Möller beobachten, kippt die Stimmung. Besonders nach Telefonaten, die mit Verwandten oder Freunde in der Ukraine geführt werden. „Dann“ schluckt der Mann vom DRK, „fließen nicht selten auch Tränen“.