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Runder Geburtstag an der Müritz

Hundertjährige besucht das Schloss ihrer Jugend

Klink / Lesedauer: 3 min

Gertrud Reschke hat an ihrem 100. Geburtstag einen besonderen Ausflug gemacht – und zwar an den Sehnsuchtsort ihrer Kindheit: das Schloss in Klink.
Veröffentlicht:16.08.2019, 16:46

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Am Morgen stiegen 100 Luftballons in den Himmel, der Röbeler Bürgermeister gratulierte, nachmittags gab’s eine Torte, am Abend Blasmusik: Ihren 100. Geburtstag hatte Gertrud Reschke aus Röbel am Donnerstag richtig groß gefeiert. Dass sie an ihrem Ehrentag auch eine Extra-Führung im Schloss Klink bekommen hatte, das war ihr persönlicher Höhepunkt.

Denn das Dorf und mit ihm das Schloss nehmen im Herzen von Gertrud Reschke einen besonderen Platz ein. Hier in Klink war sie am 15. August 1919 geboren worden. Der Erste Weltkrieg war gerade erst zu Ende gegangen, der Kaiser hatte abgedankt, die Weimarer Republik war noch jung und bestand noch nicht einmal ein Jahr, als Gertrud Reschke auf die Welt kam. Ihr Geburtshaus steht heute noch an der Hauptstraße. Gleich gegenüber war die Schule, in der die kleine Gertrud damals gemeinsam mit den Kindern des Dorfes in einer Klasse die Schulbank drückte.

Mit 16 Jahren dann bekam Gertrud Reschke eine Anstellung im Schloss – eine Zeit, von der sie heute noch schwärmt. Das Schloss der Familie von Schnitzler hatte das Gebäude in Anlehnung an die französischen Loire-Schlösser im Jahr 1898 am Müritz-Ufer errichten lassen. 1914 hatte der Kaiser die Schnitzlers in den Adelstand erhoben, nur wenig später war Schlossbesitzer Arthur von Schnitzler gestorben.

Seine Frau, Hedwig von Schnitzler, lebte dann mit ihren drei Töchtern hier. Sie kam aus einer wohlhabenden Familie, war eine geborene Borsig, eine Familie, die um die Jahrhundertwende zu den zehn reichsten in Deutschland gehörte. „Frau von Schnitzler war nett, umgänglich, gut zu uns Angestellten“, erinnert sich Gertrud Reschke heute.

Sehnsucht nach Klink ist immer noch sehr groß

Sie lebte im Schloss in den Räumen für die Angestellten im Souterrain und hatte in der Schlossküche kochen gelernt. Sie hatte den damals großen Garten gepflegt, musste das Mausoleum der Schlossbesitzer sauber halten und erinnert sich, dass Frau von Schnitzler gerne Fisch aß. Und Gertrud Reschke weiß heute noch genau, wie die Schlossherrin alle Kinder des Dorfes zu Weihnachten ins Schloss einlud und mit Kuchen aus Berlin bewirtete.

Und als würde sich die Geschichte wiederholen, gab es für Gertrud Reschke an ihrem 100. Geburtstag wieder einen Kuchen – eine Überraschung, die sich die Mitarbeiter des Schlosses Klink für ihren Ehrengast ausgedacht hatten.

„Für uns ist es etwas ganz Besonderes, dass wir Frau Reschke hier begrüßen können. Es ist spannend, eine Zeitzeugin zu erleben“, sagte Anika Waß, Marketingchefin von Schloss Klink, das heute ein Hotel ist. Jede Woche, berichtete Anika Waß, findet eine Führung für Schlossgäste statt. „Das Interesse an der Schloss-Geschichte ist sehr groß, wir sammeln gerne persönliche Geschichten“, sagte sie.

Der 100-jährigen Gertrud Reschke, die bis zum Alter von 99 Jahren noch selbstständig lebte, hat die Wiederbegegnung mit dem Schloss ihrer Jugend sehr gefallen. Die Idee dazu hatten ihre Enkelin Carmen Irens und deren Tante Waltraut Rösing. „Meine Oma hat sehr viele Erinnerungen, ich merke immer sehr, wie groß ihre Sehnsucht nach Klink ist“, erzählte ihre Enkelin.

Einen Tipp, wie man es schafft, so alt zu werden, hatte Gertrud Reschke an ihrem 100. auch noch parat: „Man muss aktiv bleiben, und man braucht gute Medizin.“