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Mädchen hofft auf Therapie

Kranke Mira (10) träumt von den Delfinen

Klein Plasten / Lesedauer: 5 min

Die zehnjährige Mira hat das Rett-Syndrom. Sie kann nicht frei laufen, kaum sprechen, nichts halten. Um ihr eine Delfin-Therapie zu ermöglichen braucht die Familie Hilfe.
Veröffentlicht:06.12.2019, 14:41

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Mit einem ansteckenden Strahlen begrüßt Mira Rienaß aus Klein Plasten ihren Besuch. Die Hand gibt sie nicht und „Hallo“ sagt sie auch nicht. Das Sprechen überlässt die Zehnjährige fast ausschließlich ihren Augen, nur an guten Tagen antwortet sie manchmal mit „Mhmm“ oder „Nee“. Schuld ist das Rett-Syndrom, eine Genmutation, die zu Entwicklungs- und Wahrnehmungsstörungen führt und mit der oft auch Epilepsie einhergeht.

Als ihre Zwillingsschwester Greta und sie ein Jahr alt waren, beobachteten die Eltern, dass Miras Entwicklung stagnierte und sie sogar Dinge verlernte. Die Diagnose stand erst zwei Jahre später fest, doch da hatten sie es durch intensive Internetrecherche schon geahnt. Ein Schock war es trotzdem. „Ich habe ganz starr dagesessen“, erinnert sich Miras Mutter Sandra Rienaß. „Ich konnte nicht einmal weinen. Man denkt erst, das Leben ist zu Ende, aber das ist es nicht. Es geht ja weiter.“

Mira kann Spezial-Computer mit den Augen steuern

Auch jetzt, mit zehn Jahren, ist Mira noch auf dem Entwicklungsstand eines einjährigen Kindes. Sie sitzt im Rollstuhl und ist auf Hilfe angewiesen. Mit ihrer Zwillingsschwester spielen konnte sie nie. Darüber, dass Mira an den Händen mitläuft, sind ihre Eltern aber froh.

Eine eigene Wahl treffen und sich gezielt ausdrücken kann Mira mithilfe eines speziellen Computers, den sie mit den Augen steuert. Schnell huscht ihr Blick über die bunten Bilder auf dem Monitor, dann entscheidet sie sich für ein Abendbrot: Quark mit Leberwurst. „Durch den Computer merkt sie, dass sie etwas bewirken und auslösen kann“, sagt Sandra Rienaß. Sie glaubt, dass Mira viel von dem versteht, was um sie herum passiert – genau wissen können es die Eltern aber nicht. Als Mira anfing, den Computer zu benutzen, staunte ihre Mutter: „Wahnsinn, was sie alles kann und versteht!“

Während Miras Augen über den Bildschirm flitzen, sind ihre Hände ganz fest zusammengelegt. Früher, vor Ausbruch des Syndroms, habe sie ihr Brötchen halten, sogar Weintrauben essen und mit Steckspielzeug spielen können. „Jetzt macht sie die Hände nie auseinander, nur wenn sie ganz entspannt ist.“ Sandra und Marco Rienaß wünschen sich, dass ihre Tochter wenigstens etwas anfassen und halten kann.

Interaktion mit Delfin soll Entwicklung fördern

Dabei sollen Delfine helfen. Doch die Therapie auf der Karibikinsel Curaçao kostet 8000 Euro, hinzu kommen Flüge und Unterkunft für die Familie – insgesamt rechnen die Eltern mit fast 14.000 Euro. Alleine können sie das nicht stemmen, deshalb haben sie eine Spendenaktion gestartet, um den großen Traum von der Delfintherapie umzusetzen.

Im Dolphin Therapy Center, so erzählen Sandra und Marco Rienaß, arbeiteten deutschsprachige Therapeuten. Die Delfine würden dort bei hervorragender Wasserqualität in einer natürlichen Meeresbucht gehalten, was für Sandra Rienaß wichtig war. „Die Therapie orientiert sich am aktuellen medizinischen Forschungsstand“, erklärt sie weiter, die freie Interaktion zwischen Delfin und Patient stehe im Mittelpunkt. Sie soll Miras Entwicklung fördern und ihre Lebensqualität steigern.

Die Tochter von Bekannten, die ebenfalls das Rett-Syndrom hat, habe in dem Center ihre ersten Schritte gemacht. Doch das Syndrom zeige unterschiedliche Ausprägungen, je nachdem, wann es ausgebrochen sei. „Frei laufen wird Mira nie“, sagt Sandra Rienaß. „Aber wenn sie etwas streicheln, was fühlen könnte“ – sie fährt sich über die Wange – „das wäre schon toll.“

„Als Familie können wir vieles nicht mehr zusammen machen

Die Voraussetzungen sind vielversprechend: Tiere liebt Mira nämlich, echte und fiktive wie „Shaun das Schaf“, ihr absolutes Lieblingstier. „Da geht sie ab wie eine Rakete“, erzählt ihr Vater lächelnd. Und auch Wasser finde Mira toll, berichtet die 17-jährige Luisa mit einem liebevollen Seitenblick auf die kleine Schwester.

Überhaupt scheint es wenig zu geben, das Miras Missfallen erregt. „Sie ist ein glückliches und zufriedenes Kind und sehr offen, gar nicht ängstlich oder menschenscheu“, sagen die Eltern. In der Schule suchten verhaltensauffällige Kinder Miras Nähe, für sie sei die Zehnjährige ein Ruhepol. „Es ist so selten, dass sie einmal weint“, sagt Marco Rienaß stolz. Wenn sie dann aber weint, ohne dass sie ausdrücken könnte, was ihr fehlt, sei das „sehr schwierig.“ Man versuche eben, sie zu lesen, streichle sie, auch Gummibärchen helfen manchmal, wie Luisa schmunzelnd verrät.

Trotz aller Schwierigkeiten scheinen sich Miras Eltern einen positiven und dankbaren Blick auf die Dinge bewahrt zu haben. Dabei veränderte die Diagnose ihr Leben stark: „Die Spontaneität ist komplett weg“, so Rienaß. „Und als Familie können wir vieles nicht mehr zusammen machen. Es fehlt immer jemand.“

Die gemeinsamen Aktivitäten beschränken sich hauptsächlich auf Spaziergänge, gelegentliche Ausflüge in die Schwimmhalle und nun, seit sich die Familie beim „Run for Charity“ ein Fahrrad mit integriertem Rollstuhl erlaufen hat, auch Radtouren. An Nikolaus wollen sie zum ersten Mal alle zusammen ins Kino. Es ist ein Versuch, denn Mira liebt Disney-Filme und deren Musik mit den hohen Frauenstimmen. Einmal zusammen ins Kino, einmal gemeinsam Schlittschuhlaufen, das sind die kleinen Träume, manche sind erfüllbar, andere nicht.

Ein großer Traum ist Miras Delfintherapie, den die Familie in anderthalb bis zwei Jahren verwirklichen möchte. „Wir wissen, dass es Schlimmeres gibt als das, was Mira hat“, sagt Sandra Rienaß. „Aber wir freuen uns über alle Spenden.“