Handel im Wandel
Traditions-Läden in Waren machen dicht
Waren / Lesedauer: 3 min
Danke! Ein kleines Schild hängt an der verschlossenen Tür des Warener Traditionsgeschäftes. Es ist Samstagvormittag, Ferienzeit, Bombenwetter. Die Innenstadt ist voll. Aber das Fotogeschäft Steindorf in bester Lage leer geräumt. Eine Leiter steht noch im Raum. „Das war mal ein Fotoladen. Hier geht alles den Bach runter“, sagt eine Warenerin kopfschüttelnd zu ihren Gästen. Wer durch die Innenstadt flaniert, kommt an vielen Geschäften vorbei, wo „Räumungsverkauf“ auf den Fenstern klebt.
Betriebe mit langer Firmengeschichte
Was für Betroffenheit sorgt, ist, dass es jetzt Familienbetriebe mit langer Firmengeschichte erwischt hat. Auch „Radio Friedrich“ in der Friedensstraße verschwindet nach 73 Jahren zum Ende des Monats. Die Werkstatt in der Bahnhofstraße soll erst einmal bleiben. In den sozialen Netzwerken schlägt das Thema Wellen. Vom Sterben der Innenstadt sprechen einige Warener.
„Ja, der Handel hat es insgesamt schwer“, sagt Claudia Bergmann, Geschäftsführerin des Blumen & Garten Center Bergmanns und Vorsitzende des Warener Innenstadt Vereins. „Man muss sich mehr bewegen, um Kunden zu halten und zu Stammkunden zu machen als noch vor zehn Jahren“, sagt die Unternehmerin. Das ziehe sich in Zeiten des Internethandels durch alle Branchen hindurch. Ein düsteres Bild solle man aber nicht zeichnen, denn die Gründe für Geschäftsaufgaben seien ganz unterschiedlich.
Früher in Rente als geplant
Auch beim Modengeschäft von Elke Pyka werden Leute durch den Aufkleber „Räumungsverkauf angelockt“. 27 Jahre lang hat Elke Pyka Mode verkauft, seit 17 Jahren ist sie Chefin. Jetzt ist Schluss. Ende Dezember gibt sie den Schlüssel ab und verabschiedet sich etwas früher in die Rente als geplant. „Ich habe den Job gern gemacht. Es ist nicht so, dass sich der Laden nicht mehr lohnt. Aber das Haus wird umgebaut, der Laden verkleinert. Die Umgestaltung ist ein guter Zeitpunkt, den Laden abzugeben“, sagt Elke Pyka.
Leer stehen wird das Geschäft an der Ecke vom Reusenhus nicht. Eine Boutique soll kommen. Auch bei Steindorf steht schon am Schaufenster, dass die Schuhperle am 27. Oktober öffnet.
Mehr Parkplätze in Zentrumnähe gewünscht
Die einen gehen, andere kommen und wieder andere wollen bleiben. Obwohl der heiße lange Sommer ihnen überhaupt nicht in die Karten gespielt hat, blicken Iveta Kilianova und Ciarán Seán Close optimistisch nach vorn. In der alten Warener Poliklinik hat das Unternehmerpaar im Juni eine gläserne Pralinen- und Schokoladenmanufaktur eröffnet.
Unter der Marke „Kilian & Close“ stellen sie seit 2014 sehr erfolgreich Schokolade her. Jedes Jahr gewannen sie Medaillen bei prestigereichen Wettbewerben. „Der Start war ein ziemlicher Stresstest, aber das hier ist was Langfristiges“, sagt Ciarán Seán Close.
Auf Touris zugeschnittenes Warenangebot
Was in Warens Innenstadt auffällt, ist das auf Touristen zugeschnittene Warenangebot. Für Claudia Bergmann ist das wenig verwunderlich, denn schließlich müsse jeder Ladenbetreiber schauen, wer das Geld in die Kasse bringt und das seien in vielen Fällen nun einmal die Touristen. „Es kommen aber auch Leute aus Städten wie Neubrandenburg nach Waren. Zwar haben sie bei sich größere Läden und mehr Auswahl, hier gefällt ihnen aber, dass das Einkaufen kleiner, geselliger und individueller ist. Unsere Altstadt ist eine Perle, wo man toll bummeln kann. Das wissen Leute aus anderen Städten leider oft besser zu schätzen als viele Einheimische“, sagt Claudia Bergmann.
Ein Wunsch in Richtung Stadtverwaltung: zusätzliche Parkplätze nah an der Innenstadt. Ein Wunsch von Claudia Bergmann an alle Händler: endlich einheitliche Ladenöffnungszeiten.