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Stadtentwicklung

Wirbel um Warens neues Gewerbegebiet – wurde da etwa gemauschelt?

Waren / Lesedauer: 3 min

Noch sind die Erschließungsarbeiten nicht komplett abgeschlossen. Doch es gibt Ärger: Einige Käufer sind früh und günstig an Grundstücke herangekommen. Wie das?
Veröffentlicht:07.02.2023, 13:27

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Toralf Schnur glaubt nicht an Zufälle, schon gar nicht, wenn sie so gehäuft auftreten wie bei dem Verkauf von Grundstücken auf dem ehemaligen Bahnbetriebsgelände in Waren. Darum hatte der Vorsitzende der Fraktion FDP/MUG vor der jüngsten Stadtvertretersitzung eine aktuelle Stunde beantragt, um Fragen zu klären. So wollte Schnur wissen, wie es eigentlich sein konnte, dass Unternehmer schon sehr früh und zu einem sehr niedrigen Preis Grundstücke mit großen Hallen auf dem neuen Industriegebiet kaufen konnten.

Rückschau: Im April 2011 beschlossen Warens Stadtvertreter, dass für den Bereich des ehemaligen Bahnbetriebsgeländes ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Bürgermeister war damals Günter Rhein, Bauamtsleiter Gunter Lüdde und Stadtpräsident Norbert Möller. Dann passierte viele Jahre nichts, bis die Stadtvertretung am 20. Juli 2016 den Ankauf der Flächen von der Deutschen Bahn beschloss. Tatsächlich gehörten die Flächen zu diesem Zeitpunkt schon längst der Stadt, weil die Beurkundung des notariellen Kaufvertrages bereits am 16. November 2015 erfolgt war.

Grundstücke nur für produzierendes Gewerbe

Und auch die ersten Teilflächen waren bereits verkauft. So hatte der Hauptausschuss am 19. Mai 2016 den Verkauf einer Teilfläche inklusive einer Halle an Unternehmer 1 für 5 Euro pro Quadratmeter beschlossen. Der Unternehmer hatte einen Kaufantrag am 9. Mai gestellt. Am 30. Juni 2016 beschloss der Hauptausschuss den Verkauf einer weiteren Teilfläche inklusive Hallen an Unternehmer 2 für wiederum 5 Euro den Quadratmeter.

Beide Käufer verpflichteten sich im Kaufvertrag, das Grundstück ausschließlich als Produktionsstätte für produzierendes Gewerbe zu nutzen. Eine Kontrolle der Stadtverwaltung, ob diesem Förderzweck überhaupt entsprochen wird, hat es bis April 2022 laut einer Anfrage nicht gegeben. Vor Ort ist zu sehen, dass in beiden Hallen Boote stehen und kein produzierendes Gewerbe.

Erschließungsarbeiten ab Ende 2019

„Woher konnten die Käufer damals wissen, dass die Grundstücke der Stadt gehören und zum Verkauf stehen, wenn es nicht einmal die Stadtvertreter zu dem Zeitpunkt gewusst haben?“, fragte Schnur in der aktuellen Stunde. In den Kaufverträgen stand, dass mit der Stadt Waren eine Vereinbarung über die Ablösung des Erschließungsbeitrages für die Neuerschließung des Grundstückes auf der Grundlage einer Kostenschätzung zu unterzeichnen ist.

Mit den Erschließungsarbeiten wurde Ende 2019 begonnen, aber schon im Dezember 2017 wurde in der Ablösevereinbarung zum Erschließungsbeitrag mit Unternehmer 1 geregelt, dass 7 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden sollen. Ein drittes Grundstück zu gleichen Konditionen wurde nach Beschluss des Hauptausschusses am 20. Juli 2017 veräußert, mit der Auflage, das Grundstück ausschließlich als Werkstatt für eine „Tischlerei/Schreinerei/ Metallverarbeitung/Kunstschmiede” zu nutzen.

Bürgermeister: „Haben uns nichts vorzuwerfen”

Wie günstig die Unternehmer an die Grundstücke gekommen sind, zeigt sich jetzt kurz vor Abschluss der Erschließungsarbeiten. Ging man 2016 auf Grundlage der ersten Kostenschätzungen noch davon aus, dass die Gesamtkosten für die Revitalisierung des Bahnbetriebsgeländes bei 4,9 Millionen Euro mit einem städtischen Eigenanteil von 500.000 Euro bei 90-prozentiger Förderung liegen werden, sind es jetzt 7,4 Millionen Euro bei 6,35 Millionen Euro Förderung. Das heißt, dass etwa 900.000 Euro von denjenigen gezahlt werden müssten, die weitere Grundstücke haben möchten. Ein erster Vorschlag der Verwaltung lautete, nun 60 Euro pro Quadratmeter zu verlangen. Zum Vergleich: Die drei ersten zahlten 12 Euro.

Norbert Möller (SPD) benannte in der aktuellen Stunde den sprichwörtlichen Elefanten im Raum beim Namen: „Ich möchte klarstellen, dass es keine Bevorteilung gegeben hat.“ Er kündigte an, dass man die Vorgänge genau untersuchen und bei den Preisen der bereits verkauften Grundstücke eventuell auch noch einmal nachbessern werde. „Wir haben uns nichts vorzuwerfen“, betonte Möller. Bei der nächsten Sitzung des Finanzausschusses am 1. März soll das Thema auf den Tisch kommen.