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Aus dem Gerichtssaal

Bau von Stadtvillen im Visier der Justiz

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Jahrelang hat es gedauert, bis am Montag ein Prozess wegen Insolvenzverschleppung und Untreue nach dem gescheiterten Projekt „Stadtparkcarree“ starten sollte. Aber der Angeklagte legte ein Attest vom Arzt vor.
Veröffentlicht:18.02.2019, 20:00

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Außer Spesen nichts gewesen. Sagt Richterin Tanja Krüske, als sie am Montag das vorläufige Ende einer Verhandlung verkünden musste, die noch gar nicht richtig begonnen hatte. Der Angeklagte, dem die Staatsanwaltschaft Insolvenzverschleppung, Untreue und Bankrott vorwirft, ist krank. Ein Arzt attestierte dem 48-Jährigen verhandlungsunfähig zu sein. Ohne Aussicht auf schnelle Genesung. Vielleicht wäre es sinnvoll, überlegt Richterin Krüske laut, eine Prognose vom Facharzt einzuholen.

Dabei hat es so schon lange gedauert, weil sich die Ermittlungen gegen den ehemaligen Geschäftsführer verschiedener Baufirmen in Neubrandenburg so lange hingezogen haben. Das Gros der Vorwürfe, die dem Mann gemacht werden, stammt aus den Jahren 2012 und 2013. Alle Anklagen stehen in direktem Zusammenhang mit dem 2011 gescheiterten Projekt „Stadtparkcarree“. Der 48-Jährige soll fällige Insolvenzanträge nicht gestellt und still und heimlich Vermögensgegenstände beiseite geschafft haben – um sie, so heißt es juristisch, der Haftungsmasse der überschuldeten Gesellschaft zu entziehen.

Einheimische werden sich an das ewige Hickhack um den Bau neuer Stadtvillen am Rande des Kulturparks erinnern. Mit großen Trommelwirbel bewarb eine Firma mit Namen neu.pro-GmbH seit 2008 ihre ehrgeizige Kampagne zur Bebauung der Wielandstraße am Rande des Kulturparks. Erst waren vier, dann sogar sieben Villen in geradezu avantgardistischer Bauweise geplant. Schon 2008 sollte das erste Haus fertig sein – indes fehlte es an Käufern für die Eigentumswohnungen, 2000 Euro waren laut Nordkurier-Informationen pro Quadratmeter im Gespräch. Aber – trotz rühriger Versuche mit Hausmessen, Lesungen und Live-Musik auf der Baustelle hatte das Projekt nicht den gewünschten Erfolg und schon bald häuften sich die Beschwerden beauftragter Baufirmen über ausstehenden Zahlungen, die Arbeiten gerieten ins Stocken. Ein Bauleiter erklärte damals dem Nordkurier, die neu.pro-Gmbh habe über kein eigene Polster für die Zwischenfinanzierungen verfügt, die einzige Basis der Firma seien die Abschlagszahlungen der Wohnungskäufer gewesen, um Rechnungen zu bezahlen.

Wie ehrgeizig das Vorhaben war, dafür spricht ein Beispiel. Im Sommer 2010 fiel im Kulturpark sogar ein Startschuss zum Street-Art Contest „Kunst am Bau vs. Street-Art“. Gesucht wurden die besten Street-Art-Künstler, also Maler, Sprayer, Graffiti- und Installationskünstler aus der Region, die ihre Ideen präsentieren mochten. Sie waren aufgerufen, Entwürfe für die Gestaltung einer Fläche an dem neuen Wohnkomplex einzureichen. Was aus den eingereichten Vorschlägen geworden ist, weiß heute niemand mehr.

Ein anderes Unternehmen, die Baar Bau GmbH erwarb später nach dem gescheiterten ersten Anlauf der Bebauung die Grundstücke von einer der früheren Firmen des Angeklagten, um hier hochwertige Eigentumswohnungen zu bauen – nun unter dem Namen Kulturparkvillen. Drei Wohnhäuser errichtete die Firma Baar, insgesamt stehen vier Gebäude hier am Rand des Kulturparks und nicht weit von der Innenstadt entfernt. Architekt Torsten Viebke von der Neubrandenburger Architekturfabrik entwarf drei moderne Wohnhäuser mit Garagen im Erdgeschoss und Südbalkons für jede Wohnung. Die Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen sind 63 bis 135 Quadratmeter groß. Bei der Baumesse 2012 begann die Vermarktung der Wohnungen. Mit Erfolg. Ein Jahr später waren alle Wohnungen verkauft.

Die Verhandlung gegen den gescheiterten Bauunternehmer und Immobilienhändler ist jetzt erst mal ausgesetzt, neue Termine gibt es noch nicht.