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Todesfall in Alt Rehse

Ex-Lebensgefährte von Sarah H. geht in Revision

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Fortsetzung im Todesfall Sarah H.:Der jetzt zu einer Geldstrafe verurteilte Ex-Lebensgefährte fechtet das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg an und erhebt Vorwürfe gegen die Polizei.
Veröffentlicht:24.06.2020, 12:03

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Nachdem die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg bereits am Montag Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe angekündigt hat, will nun auch der ehemalige Lebensgefährte der im Sommer 2016 unter bisher ungeklärten Umstände in Alt Rehse verstorbenen Sarah H. das am vergangenen Freitag verkündete Urteil juristisch angreifen. Der Mann war vom Landgericht Neubrandenburg wegen vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro. Zudem erhält er als Entschädigung für einen Teil seiner Untersuchungshaft Geld aus der Staatskasse.

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Todesursache und Todeszeitpunkt bei Sarah H. nicht feststellbar

In erster Instanz war der Mann im März 2017 vom Landgericht Neubrandenburg wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung mit Todesfolge zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil beanstandet, da der „Geisteszustand des Angeklagten” nicht genügend untersucht worden sei. Der Fall ging an das Landgericht Neubrandenburg zurück.

Landgericht Neubrandenburg stuft Ex-Lebensgefährten als „vermindert schuldfähig” ein

Zwar habe der Verurteilte die Frau in seinem Haus in Alt Rehse im Sommer 2016 laut aktueller Einschätzung des Landgerichts Neubrandenburg wohl mit „einem peitschenartigen Gegenstand“ geschlagen – nachdem er sie zuvor fixiert habe –, doch sei die genaue Todesursache und der Zeitpunkt aufgrund des verwesten Zustands der Leiche nicht mehr feststellbar gewesen, sagte Richter Henning Kolf gestern. Er stellte klar: „Der Tod von Sarah H. ist nach Meinung des Gerichts ursächlich keiner Handlung des Angeklagten zuzuordnen.” Der Mann, so das Gericht weiter, sei vermindert schuldfähig, aber nicht schuldunfähig gewesen. Richter Kolf: „Während des Prozesses hat ein Sachverständiger deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich die Benennung einer Todesursache im Bereich der Spekulation bewegen würde.”

„Keine DNA-Spuren von Sarah H. auf peitscheinähnlichem Gegenstand”

In Absprache mit seinen Anwälten Stefan Tabbert und Matthias Koch teilte der ehemalige Lebensgefährte von Sarah H. am Mittwoch mit, dass der Schwerpunkt in der Revision aus Sicht der Verteidigung unter anderem „auf der Unverwertbarkeit des einzigen Beweismittels sowie der Anwendung von Gewalt bei der Festnahme und zahlreichen verbotenen Vernehmungsmethoden” liegen würde. Laut des Mannes seien auf dem als Tatwaffe angenommenen „peitschenähnlichen Gegenstand keine DNA-Spuren der Verstorbenen zu finden” gewesen. Ebenso sei der Verlust von Beweismitteln – „unter anderem eine vor der Vernehmung gewonnene Blutprobe des Angeklagten” – zu rügen.

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Geldstrafe ist „schallende Ohrfeige für Staatsanwaltschaft”

Unmittelbar nach Prozessende am Freitag hatte die Verteidigung das Urteil als „schallende Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft” bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen des Straftatbestands der Körperverletzung mit Todesfolge viereinhalb Jahre Haft für den ehemaligen Lebensgefährten von Sarah H. gefordert.

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Bis zur endgültigen Revisionsschrift und der Revisionsbegründung muss erst die schriftliche Urteilsbegründung vorliegen. Dies kann mehrere Monate dauern. „Von Seiten der Verteidigung wurde die Revision bereits im laufenden Prozess sorgfältig vorbereitet, so dass in vielfacher Weise und in mehreren Punkten die erforderlichen Formerfordernisse für eine erfolgreiche Revision eingehalten wurden”, teilten der Mann und seine Anwälte mit.