StartseiteRegionalNeubrandenburgGericht muss klären – Wann wurde Leonies Stiefvater zum Mörder?

Prozess gegen David H.

Gericht muss klären – Wann wurde Leonies Stiefvater zum Mörder?

Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Alles auf Anfang: Der Prozess um das ermordete Mädchen muss auf Weisung des Bundesgerichtshofes neu verhandelt werden. Dabei ist eine entscheidende Frage zu klären.
Veröffentlicht:06.10.2020, 05:58

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Vier Monate hatte das Landgericht Neubrandenburg im Herbst und Winter intensiv verhandelt, fast 50 Zeugen und Gutachter gehört – und am 9. Januar das mit Spannung erwartete Urteil gesprochen: Lebenslang für David H., den Stiefvater der kleinen Leonie, wegen Mordes durch Unterlassen, Körperverletzung mit Todesfolge und schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen.

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Richter müssen sich in den Mörder hineindenken

Doch dieses Urteil ist nun hinfällig: Auf Antrag der Verteidiger des 28-jährigen Stiefvaters hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil einer Revision unterzogen – und festgestellt: Der Fall muss vor einer anderen Kammer des Landgerichts neu verhandelt werden. Dabei steht eine Frage im Mittelpunkt: Hat David H. das seinerzeit sechsjährige Mädchen schon am Nachmittag des Tattages am 12. Januar 2019 mit Tötungsvorsatz mit einem Sicherheitsbügel eines Kinderwagens geprügelt?

Das heißt: Der BGH rügt, dass die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Neubrandenburg in ihrer Urteilsbegründung keine eindeutigen Feststellungen zum eventuellen Tötungsvorsatz des Angeklagten zu diesem Zeitpunkt macht. Dies sei jedoch – so der BGH weiter – für die rechtliche Einordnung eines anschließenden Verdeckungsmordes entscheidend.

Unklar, wann der neue Prozess beginnt

Das Urteil aus dem Januar 2020 hatte die Schläge am Nachmittag als Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Mord durch Unterlassen bewertet, da David H. am Abend des Tattages, als es Leonie aufgrund der zuvor ausgeübten Gewalt immer schlechter gegangen war, keine Hilfe geholt und einen vermeintlichen Notruf vorgetäuscht beziehungsweise dort unwahre Angaben gemacht hatte. „Das war die Verdeckungsabsicht. Er wollte verhindern, dass das Mädchen jemandem etwas erzählt“, hatte der Vorsitzende Richter Jochen Unterlöhner in seiner Urteilsbegründung am 9. Januar betont.

„Es geht jetzt in einem neuen Prozess um die rechtliche Einordnung des Tötungsvorsatzes und die damit verbundene innere Einstellung des Täters“, sagte die Sprecherin des Landgerichts, Diana Boldt, gestern gegenüber dem Nordkurier. Die sonstigen Urteilsfeststellungen habe der BGH hingegen ausdrücklich als ,rechtsfehlerfrei‘ aufrechterhalten, so die Gerichtssprecherin.

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Ob die neue Verhandlung noch in diesem Jahr beginnt, konnte Boldt noch nicht sagen. Ebenso wenig, wann der Prozess gegen die leibliche Mutter der kleinen Leonie, Janine Z, beginnt. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg hat gegen die 26-Jährige Anklage wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung erhoben. Im Prozess gegen den Stiefvater hatte Janine Z. ihren Ex-Lebenspartner David H. schwer belastet.