Tourismus in Neubrandenburg
Kaufen und Kultur locken Tagesgäste
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min
Der Tourismus bringt viel Geld in die Stadt Neubrandenburg, auch wenn davon auf den Straßen nicht viel zu sehen ist. Dennoch: Jeder zehnte Euro, der in den Kassen des Einzelhandels in der Viertorestadt landet, stammt aus dem Geldbeutel eines Gastes der Stadt. Als Tourist gilt dabei, wer aus mehr als 50 Kilometern Entfernung in die Viertorestadt kommt. Insgesamt bringt dies dem Einzelhandel jährlich einen Umsatz von 45 bis 50 Millionen Euro, wie Frank Renner, städtischer Fachbereichsleiter für Stadtplanung, Wirtschaft, Bauaufsicht und Kultur, bei einer Sondersitzung des Stadtentwicklungs- und Umweltausschuss der Stadtvertretung am Mittwoch erläuterte.
Die Sondersitzung war auf Drängen der Fraktionen in der Stadtvertretung einberufen worden, um sich jenseits von den Zwängen der Tagesordnung ausführlich mit dem Thema zu befassen. Zwar definiert sich die Stadt nach den Worten Renners nicht als eigenständige Tourismus-Destination, sondern vielmehr als Teil der Urlaubsregion Mecklenburgische Seenplatte. Doch seiner Darstellung nach hängen in Neubrandenburg rund 1100 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Beherbergungsbetrieben sowie Gastronomie vom Tourismus-Sektor ab, „was nicht wenig, aber ausbaufähig ist“.
Deutlicher Rückhang bei Anzahl der Betten
Grundsätzlich ist die Tourismus-Branche in Neubrandenburg aber rückläufig. Die Zahl der Unternehmen im Gastgewerbe sank von 190 im Jahr 2002 auf 111 im Jahr 2017, was laut Renner auch auf den Bevölkerungsrückgang Neubrandenburgs zurückzuführen ist. Die Zahl der Übernachtungen reduzierte sich von 1995 bis 2017 um rund ein Drittel auf 105 000 im Jahr.
Noch deutlicher ging im gleichen Zeitraum die Zahl der Betten für Übernachtungsgäste zurück – von mehr als 1500 auf etwas über 600. Grund für die deutliche Abnahme der Bettenzahl ist vor allem die Schließung des Radisson-Hotels am Marktplatz mit über 400 Betten. Im Gegenzug stieg aber die Auslastung der Hotels von 35,4 auf 45,3 Prozent.
Trotz der nicht gerade üppigen Belegungsquote sieht die Stadtverwaltung Defizite an Übernachtungsmöglichkeiten im niedrigpreisigen Segment sowie im gehobenen Segment etwa für Geschäftsreisende und Konferenzveranstaltungen. Die Verwaltung macht sich schon seit längerem dafür stark, dass auf einer Brache an der Poststraße ein gehobenes Hotel entsteht. Doch bislang fand sich kein Investor. Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) informierte auf Nachfrage die Stadtvertreter am Donnerstag beim Hauptausschuss hinter verschlossenen Türen über den aktuellen Stand des Projekts.
Projekt „Müritz rundum” testweise?
Bert Balke, Geschäftsführer des Tourismusverbands Mecklenburgische Seenplatte, riet den Angeordneten bei der Sondersitzung, das bisher Erreichte nicht zu unterschätzen. Bei Besuchern der Region sei Neubrandenburg vor allem wegen seiner Kultur- und Einkaufsangebote gefragt. Jeder Tagesgast gebe im Schnitt bis 45 Euro aus. Der Tourismus-Manager betonte zugleich die gestiegene Bedeutung von Angeboten in Kombination mit öffentlichem Nahverkehr. Er brachte einen testweisen Anschluss Neubrandenburgs ans Verkehrsprojekt „Müritz rundum“ ins Gespräch, bei dem Besucher mit ihren Gästekarten kostenfrei Busse rund um die Müritz nutzen können.