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Klinikum Neubrandenburg

Krebs-Patienten brauchen jetzt noch mehr Nähe

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Der Weihnachtsdienst auf der onkologischen Station ist in diesem Jahr eine etwas andere Herausforderung. Es kommt dabei besonders auf das Pflegepersonal an.
Veröffentlicht:24.12.2020, 07:54

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Der Dienst an den Weihnachtsfeiertagen ist für beide keine große Sache. „Das haben wir uns ja so ausgesucht, als wir uns für den Beruf entschieden haben“, sagt Pflegerin Ira Schmidt. Ihr Kollege Stefan Stehler nickt. Seit nunmehr 24 Jahren ist die 43-Jährige Ira Schmidt im Beruf, hat etliche Weihnachtsdienste hinter sich. „Ich mag die Vorweihnachtszeit ohnehin etwas lieber als das Fest selbst“, gibt sie zu. Zudem funktioniert die Abstimmung mit den Kollegen. An Heiligabend etwa hat die zweifache Mutter Frühdienst auf der onkologischen Station am Neubrandenburger Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum, kann abends bei ihren Liebsten sein.

Anders ist es bei ihrem Kollegen Stefan Stehler. Der Altenpfleger ist gerade erst aus Anklam nach Neubrandenburg gekommen, nach nicht mal zwei Monaten winkt an Weihnachten der Spätdienst. „Das macht mir nichts. Ich hab weder Kind noch Kegel“, grinst der 35-Jährige hinter seiner Mund-Nasen-Maske. So selbstredend die Arbeit an Feiertagen für die Pfleger generell ist, so neu wird sie in diesem Jahr dennoch sein. Ein Großteil Krebs-Patienten, die sie auf der Station betreuen, darf sonst über Weihnachten nach Hause. Die wenigen, die bleiben, bekommen Einzelzimmer. „Dort haben sie und ihre Angehörigen ein wenig mehr Privatsphäre“, erläutert Schmidt.

Mehrere Stationen zusammengelegt

Dieses Jahr ist alles anders. Zum einen ist die onkologische Station nicht mehr allein. Um einen Isolierbereich zu schaffen, wurden mehrere Stationen zusammengelegt. Doch viel schlimmer als die organisatorischen Veränderungen wirken die strengen neuen Regeln. Denn hier liegen Patienten, deren Immunsystem besonders geschwächt und anfällig ist. Keiner von ihnen darf nach Hause, auf der Station herrscht ein strenges Besuchsverbot, das Ausnahmen nur in akuten Sterbefällen zulässt. „Da waren einige Verwandte und Freunde wirklich schockiert, wenn auch verständnisvoll“, sagt die Pflegerin. Unter den Patienten selbst gab es sogar Tränen.

Schmidt und Stehler arbeiten so gerne auf der Station, weil zu den Patienten eine Bindung aufgebaut werden kann, sagen sie. Auf diese Bindung kommt es nun besonders an. „Es ist immer eine große Hilfe, wenn die Menschen einfach erzählen können, was sie bewegt“, sagt Stehler. Er, Ira Schmidt und die Kollegen kümmern sich, hören zu. Pflege für Leib und Seele. So wie sie es auch außerhalb der Feiertage machen. Nur dürften ihre Patienten es nun noch ein wenig mehr brauchen. „Wir würgen niemanden ab und die Kollegen helfen sich untereinander“, sagt Stehler. „Es kommt aber auch viel von den Patienten zurück“, ergänzt Schmidt. Angehörige können am Empfang Geschenke abgeben, ein Gang zur Kapelle sei auch möglich. Auch das sind Aufgaben, derer sich das Pflegepersonal annimmt.

Nähe zum Personal wird gesucht

Doch die beiden Pfleger wissen auch, dass sie mit aller Wertschätzung, aller Hilfe und Zuwendung nicht immer trösten können. „Besonders schwierig wird es, wenn an den Feiertagen jemand die Diagnose erhält und zu uns verlegt wird. Und dann nicht mal seine Angehörigen sehen kann“, sagt Stehler. Jetzt nickt Ira Schmidt. „Das stimmt“, sagt die erfahrene Pflegerin nachdenklich. Im Notfall stünde zwar eine Seelsorge zur Verfügung, doch aus der Erfahrung heraus weiß sie: Die Patienten fragen danach kaum. Sondern suchen dann eher die Nähe zum Personal. Eine Nähe, die dieses zulassen wird. Dafür sind sie da, dafür haben sie sich entscheiden, wiederholen beide. Auch und gerade an Weihnachten.