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Kommunalpolitik

Kungelei mit AfD? Junge Linke macht das nicht mit

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Die Bundestagskandidatin der Linken, Amina Kanew, kehrt ihrer Fraktion in Neubrandenburg den Rücken. Und rechnet teilweise hart mit anderen Vertretern ihrer Partei ab.
Veröffentlicht:17.08.2022, 16:00

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Amina Kanew, Ratsfrau der Linken, ist aus der Fraktion ihrer Partei in der Neubrandenburger Stadtvertretung ausgetreten. Darüber hinaus tritt die 24-Jährige nach eigenen Angaben mit sofortiger Wirkung als stellvertretende Vorsitzende des Stadtverbandes sowie als Kreisvorsitzende der Partei Die Linke zurück.

Konsequenz aus Stadtpräsidenten-Wahl

Sie könne sich weiter mit der Partei und deren Zielen identifizieren, nicht aber mit der Verhaltensweise der Fraktion vor Ort, deswegen müsse sie diese verlassen, sagte Amina Kanew auf Nordkurier-Anfrage.

Sie bezeichne sich selbst als Antifaschistin, betonte die Ratsfrau, die bei der Bundestagswahl 2021 als Direktkandidatin im Wahlkreis Mecklenburgische Seenplatte II – Landkreis Rostock II antrat und über die Landesliste nur knapp den Einzug in den Bundestag verpasst hat. Sie könne es daher nicht zulassen, dass ihre Fraktion vermutlich mit den Stimmen der AfD den neuen Neubrandenburger Stadtpräsidenten stelle.

Parteiintern deutliche Worte gefunden

Schon vor der Wahl habe sie interveniert, das habe aber nicht gereicht. Daher müsse sie nun den Schlussstrich ziehen. Sie werde aber weiter der Partei und der Stadtvertretung angehören. „Mir ist es wichtig, authentische linke Politik zu machen, das kann ich auch außerhalb der Fraktion.”

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Noch deutlicher wird die Ratsfrau in ihrem parteiinternen Schreiben an den Kreisverband sowie die Neubrandenburger Fraktion der Linken, das dem Nordkurier vorliegt. Es sei „beunruhigend und enttäuschend”, die Entwicklung der Linksfraktion innerhalb der Stadtvertretung Neubrandenburgs zu beobachten. „Sei es die berüchtigte Rede der stellvertretenden Stadtpräsidentin (Renate Klopsch, Anm. d. Red.), die von der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU verfasst worden sein soll und an deren Urheberschaft sich die Vortragende den Fraktionsmitgliedern gegenüber plötzlich nicht mehr erinnern kann, oder Absprachen über Dritte, um Stimmen der AfD für die Stadtpräsidenten-Wahl zu erhalten.”

„Aktiv die AfD-Kandidaturen unterstützt”

Weiter schreibt Amina Kanew, bereits im Vorfeld der Wahl hätten „besonders herausgehobene Mitglieder” der Partei und Fraktion in ihren jeweiligen Ausschüssen bei der Neubesetzung der Vorstände „aktiv die AfD-Kandidaturen unterstützt – gegen meinen Rat, meine Argumente, meine Intervention”.

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„Ich kann und will nicht einer Fraktion angehören, die nicht bereit ist, dieses Fehlverhalten zu reflektieren und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen”, führt Amina Kanew in dem Brief an ihre Genossen aus. Dass es keine ehrliche Aufarbeitung gegeben habe, zeige die Kandidatur aus der Linksfraktion für das Amt des Stadtpräsidenten. Nach öffentlichen Stellungnahmen aus den Fraktionen sei deutlich geworden, dass der Linke-Kandidat nur Stadtpräsident werden könne, wenn Stimmen der AfD-Mitglieder auf ihn entfielen. So sei es dann am 11. August erneut zu einem „politischen Dammbruch” gekommen.

Knappes Ergebnis in geheime Abstimmung

Bei der Sitzung der Stadtvertretung am vergangenen Donnerstag war Linke-Ratsherr Jan Kuhnert in geheimer Wahl mit 18 zu 16 Stimmen zum neuen Stadtpräsidenten gewählt worden. Die SPD hatte vorab angekündigt, für den Kandidaten der Fraktion CDU/FDP zu stimmen. Fünf Stimmen waren ungültig. Vier Stadtvertreter fehlten bei der Sitzung.

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Am Abstimmungsverhalten der Neubrandenburger Linksfraktion hatte sich wiederholt Kritik entzündet, was sogar den Landesvorstand intervenieren ließ. Die Wahl von AfD-Ratsherr Robert Schnell, einige Jahre Landesvorsitzender der vom Verfassungsschutz beobachteten Jungen Alternative (JA) für Deutschland, zum neuen Vorsitzenden des Kulturausschusses hatte die Neubrandenburger Linksfraktion im Nachhinein als „Arbeitsunfall” bezeichnet, den Vorwurf von Absprachen aber stets vehement zurückgewiesen.

Fraktionschef Jaschinski weist Vorwürfe zurück

Der Vorsitzende der Neubrandenburger Linksfraktion, Toni Jaschinski, wies im Gespräch mit dem Nordkurier die Vorwürfe zurück. Die Wahl von AfD-Ratsherr Robert Schnell zum Kulturausschussvorsitzenden sei „ärgerlich“, aber auch nachbereitet worden. Generell gebe es keine Zusammenarbeit mit der AfD, dafür seien die Auffassungen einfach zu unterschiedlich. Wenn Amina Kanew das anders empfinde, sei das schade, aber das müsse jeder für sich selbst entscheiden. Dass die Wahl von Jan Kuhnert mit Stimmen der AfD erfolgt sei, nannte Toni Jaschinski „rein spekulativ“. Vor und nach der geheimen Wahl habe sich etwa ein Ratsmitglied aus dem anderen Lager zu erkennen gegeben, dass es für den Kandidaten der Linksfraktion gestimmt habe. Der oder die Betreffende wolle aber nicht öffentlich mit Namen auftreten, wohl um Ärger in der eigenen Fraktion zu vermeiden.