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Betreutes Wohnen

Kündigung raubt Mietern in Neubrandenburg den Schlaf

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Eine Anlage für betreutes Wohnen in Neubrandenburg ist schon mehrfach in die Schlagzeilen geraten. Jetzt flatterte den Bewohnern von einer Anwaltskanzlei die Kündigung der Mietverträge auf den Tisch.
Veröffentlicht:19.02.2019, 19:01

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Trost gibt der Himmel, vom Menschen erwartet man Beistand. Diese Worte, die groß auf der Webseite der Gesellschaft „Betreutes Leben und Wohnen in Neubrandenburg“ (BLW) prangen, können vielen der betagten Bewohnern der betreuten Wohnanlage in der Große Wollweberstraße derzeit wie Hohn vorkommen. Denn sie bangten tagelang um ihre Bleibe.

Grund war eine überraschende Kündigung ihrer Mietverträge und das schon zum 31. März. Ein Angehöriger einer Bewohnerin, der sich an den Nordkurier wandte, berichtete davon, dass die Nachricht die älteren Bewohner wie ein Schlag getroffen hat. Viele könnten vor Aufregung kaum noch essen und seien mit der Situation überfordert.

Insolvenzverwalter gibt zunächst Entwarnung

Vor wenigen Tagen erhielten einige Senioren in ihren schönen Unterkünften nahe der Stadtmauer unangenehme Post von einer Potsdamer Rechtsanwaltskanzlei. Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass das Amtsgericht Neubrandenburg über das Vermögen der Kommunalen Dienstleistungs- und Handelsgesellschaft mbH (KDH) das Insolvenzverfahren eröffnet hat.

Diese GmbH ist laut Schreiben der Vermieter von Gebäuden in der Großen Wollweber Straße, in der ältere und pflegebedürftige Menschen von der BLW betreut werden. Beide Unternehmen firmieren unter der gleichen Adresse unweit des Bethanien-Centers.

In der Firmenleitung sitzt laut den Internetauftritten jeweils Petra Schulz. Sie hat ihre Mieter in der betreuten Wohnanlage schon mit unschöner Regelmäßigkeit in Aufregung versetzt. Wiederholt drohte eine Sperrung der Wasser- und Wärmeversorgung, bedingt durch Konflikte über unbeglichene Forderungen zwischen der BLW und den Stadtwerken.

Insolvenzverwalter gibt Entwarnung

KDH-Insolvenzverwalter Justus Schneidewind gab auf Anfrage des Nordkurier zunächst einmal Entwarnung. Für die Bewohner werde sich nichts ändern und sie könnten weiter in der Anlage bleiben.

Die Kündigung begründete der Jurist damit, dass er als Insolvenzverwalter der KDH, die unter anderem ein Wasser- und Umweltlabor betreibt, Verträge vorgefunden habe, die zwischen den Mietern und der GmbH geschlossen worden seien, obwohl das Unternehmen keinen Besitz an den Häusern habe und sie auch nicht verwaltete. Daher habe er sie mit der recht kurzen Frist kündigen müssen.

Gläubigerversammlung für Montag angesetzt

Auch der Deutsche Mieterbund Neubrandenburg schaltete sich ein. Nach einem Treffen mit dem Insolvenzverwalter und einem Vertreter der BLW GbR am Dienstag sagte dessen Vorsitzender Jochen Lansky, die Kündigungen seien hinfällig und die Mietverträge liefen weiter – nun mit der BLW. Es werde lediglich einen Nachtrag geben.

Nach Einschätzung des Neubrandenburger Juristen hat sich der Insolvenzverwalter vor Aussprache der Kündigungen nicht ausreichend informiert. Dass die KDH in einigen Verträgen als Vermieter gestanden habe, sei in dem Konglomerat an Firmen „wohl ein bisschen untergegangen“.

Die KDH ist wohl schon längere Zeit in finanzieller Schieflage. Der erste Insolvenzvertrag für das Unternehmen ist am 11. September 2018 bei Gericht eingegangen. Eröffnet wurde das Verfahren am 1. Februar. Am kommenden Montag ist eine Gläubigerversammlung in Neubrandenburg angesetzt.