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Neuwoges-Chefs im Interview

Mieterhöhungen für ein neues Prestigeobjekt?

Neubrandenburg / Lesedauer: 5 min

Mit den Geschäftsführern Frank Benischke und Michael Wendelstorf sprach Susanne Schulz über die Suche für das neueste Hotel-Projekt, Erwartungen an den Wohnungsbau und die jüngsten Mieterhöhungen.
Veröffentlicht:06.10.2019, 13:05

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Wollten Sie oder mussten Sie ein Projekt übernehmen, von dem Investor Günther Weber sich frustriert abgewandt hat – oder waren Sie als Tochtergesellschaft der Stadt in der Pflicht?

Frank Benischke (FB): Halb zog man uns, halb sanken wir hin … Nein, im Ernst: Wir sind mit dem Projekt bereits in Berührung gekommen, als klar wurde, dass das Hotel nicht die ganze ursprünglich geplante Fläche einnehmen wird. Damit kam das Thema Wohnungsbau ins Spiel. Als Günther Weber dann entschied, in den Kernbereich seines Unternehmens zu investieren und sich aus dem Hotelbau zurückzuziehen, ging es um eine Grundstücksentwicklung für das gesamte Gelände. Allerdings gab es natürlich sehr unterschiedliche Vorstellungen über den Kaufpreis.

Da ahnen Sie doch, dass ich nach der Summe frage, auf die Sie sich geeinigt haben.

FB: Und Sie ahnen natürlich, dass wir darüber schweigen. Sagen kann ich nur, dass Günther Weber gerade noch und wir gerade so damit leben konnten. Nun muss die Stadtvertretung noch dem Erwerb zustimmen.

Wie sehen Sie die Rolle der Neuwoges bei der Bebauung?

FB: Wir werden einen Wohnungsbaustandort entwickeln und den Hotelteil bis zur Baugenehmigungsreife bringen. Weil es gut ist, wenn bis dahin alles in einer Hand bleibt, zumal die Nachbarschaft mit Wallanlage und jüdischer Gedenkstätte ein schwieriges Pflaster ist. Wir sehen uns jedoch nicht als Hotelbetreiber.

Drei Jahre nach Schließung des Hotels „Vier Tore“: Braucht und will die Stadt ein neues Hotel?

FB: Dass sie es braucht, ist unstrittig. Wir sehen das an der Auslastung der vorhandenen Hotels; wir sehen auch aus der Perspektive unseres Tochterunternehmens VZN, dass manche Veranstaltungen nicht mehr nach Neubrandenburg vergeben werden, weil das Hotel in der Innenstadt fehlt, oder dass uns Gäste verloren gehen, weil keine Zimmer frei sind. Da gibt es eine echte Angebotslücke. Klar ist aber auch, dass die Stadt kein Urlaubshotel braucht, sondern eines für Veranstaltungsbesucher, Tagungsgäste, Geschäftsreisende.

Günther Weber hat das Projekt letztlich abgegeben aus Enttäuschung über die Langwierigkeit archäologischer Ausgrabungen und bürokratischer Prozesse. Sind Sie nun in der komfortableren Situation, dass diese Hürden ausgestanden sind?

FB: Ausgestanden sind sie erst, wenn wir die Baugenehmigung ohne Auflagen in den Händen halten. Aber ich denke, dass alles Nötige jetzt überschaubar und beherrschbar ist. Mancher unterschätzt vielleicht, dass im Unterschied zu einem Bau auf der grünen Wiese hier innerhalb der Stadtmauer einiges mit Denkmalschutz und Stadtplanern zu klären ist. Aber da Einigkeit besteht, dieses Hotel haben zu wollen, müssen alle kompromissbereit sein. Wenn die Stadtvertretung am 24. Oktober dem Grundstückserwerb zustimmt, wird es noch mindestens ein Jahr Planung brauchen, bis da was zu sehen ist.

Unterdessen verhandeln Sie mit potenziellen Betreibern, zu denen schon Günther Weber Kontakt aufgenommen hatte.

FB: Ja, wir versuchen da nahtlos einzusteigen. Wir befinden uns in fortgeschrittenen Gesprächen mit vier Betreibern, die alle wollen – gern schneller, als es hiesige Prozesse zulassen. Bis Mitte 2020 möchten wir das unter Dach und Fach haben.

Wie schnell kann zugleich der Wohnungsbau vorankommen? Und welche Rolle kommt dem Vorhaben angesichts des Rückbaus in der Waagestraße zu?

FB: Wenn alles glatt geht, kann der Baubeginn 2021/22 erfolgen. Die Entwürfe gehen von 32 bis 40 Wohnungen aus. Zusammen mit 45 bis 50 neuen Wohnungen in der Badstüberstraße könnte das passen als Ersatzneubau für die Waagestraße. Der dortige Rückbau ist inzwischen auf 2023/24 verlegt. Bei den Mietern erkunden wir, wie viele in der Innenstadt bleiben wollen und was sie wünschen. Die Förderrichtlinien sind zum Glück so flexibel, dass sie sozialen und frei finanzierten Wohnungsbau in einem Haus ermöglichen.

Apropos sozial: Viele Mieter, denen kürzlich Mieterhöhungen angekündigt wurden, sehen darin die Basis für Ihr Engagement in der Poststraße. Wie beschreiben Sie den Zusammenhang?

FB: Es gibt keinen. Als wir begannen, Eigenheim-Standorte zu erschließen, gab es ebenfalls diese Diskussion. Natürlich finanziert ein Unternehmen letztlich alles mit allem. Aber Mieterhöhungen gibt es jedes Jahr, um die auch für uns steigenden Instandhaltungs- und Baukosten zu decken.

Gerade der Hinweis auf steigende Instandhaltungskosten lässt allerdings viele Mieter aufbegehren, weil die an ihren Wohnungen nicht erkennbar sind.

FB: Wir haben in Neubrandenburg einen qualifizierten Mietspiegel. Gemessen an dessen Spielraum, gehen wir in der Regel nur bis zum Mittelwert. Wenn die zugrunde gelegten Ausstattungsmerkmale nicht gegeben sind, nehmen wir auch mal eine Erhöhung zurück. Aber um ein Beispiel zu nennen: Gefliest ist gefliest, auch wenn die Fliesen zehn Jahre alt sind.

Eben wegen überholter Kriterien – weil einst „besondere“ Ausstattungsmerkmale heute längst Standard sind – soll der Mietspiegel überarbeitet werden. Wie weit ist die Erneuerung gediehen?

Michael Wendelstorf (MW): Die Arbeitsgruppe aus Vermietern, Statistikern, Gericht und Mieterbund hat sich auf einen Entwurf verständigt, der sich gerade in der Endabstimmung befindet. Der aktuelle Mietspiegel gilt bis Februar 2020. Der neue muss also zum 1. März in Kraft treten. Und das wird klappen – auch wenn der Bundestag gerade über eine Entscheidung mit Auswirkungen für Mietspiegel berät. Wir sind für beide Varianten gewappnet.

Überhaupt ist die Neuwoges nicht „nur“ Vermieter und Grundstücksentwickler, sondern erschließt auch neue Baugebiete für Ein- und Mehrfamilienhäuser. Und die Nachfrage hält mit?

MW: Nachfrage ist reichlich vorhanden, das sehen wir an der Zahl der Interessenten, die sich bei uns registrieren. Aktuell sind wir aktiv unter anderem für Standorte in der Gerstenstraße, in Carlshöhe, in Arbeit und an der Landwehr.

FB: Es gibt vor allem eine große Nachfrage nach höherwertigem Wohnraum. Preisgünstiges Wohnen ist damit letztlich nur im vorhandenen Bestand machbar.

Gewinnen somit Erschließung und Neubau an Gewicht gegenüber Vermietung und Bestandspflege?

MW: Das Verhältnis ist gleichbleibend. Wir gehen ja nicht überall gleich in Erschließung und Verkauf, sondern betreiben aktive Vorsorge, indem wir an verschiedenen Standorten erschließbare Flächen verfügbar halten – zumal der Kreditmarkt günstig ist, um Grund und Boden zu erwerben. Und das tun wir mit Augenmaß.