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Stadt als Käufer

Neubrandenburger Stadtvertreter kritisieren Witts Kaufhof-Angebot

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Die Idee von Oberbürgermeister Silvio Witt, den leer stehenden Kaufhof als Stadt zu kaufen, stößt bei den Neubrandenburger Stadtvertretern auf Unverständnis.
Veröffentlicht:13.01.2023, 13:01

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Oberbürgermeister Silvio Witt steht mit seinem jüngsten Vorstoß, den Kaufhof zu erwerben, allein auf weiter Flur. Im Stadtentwicklungsausschuss am Donnerstag wurden die ersten Protestrufe gegen die Idee laut.

AfD-Ratsherr Schnell: Unverantwortlich

Es war Ratsherr Robert Schnell von der AfD, der am Ende der zweieinhalbstündigen Sitzung noch einmal bei der Verwaltung nachhakte. Was habe sich der Oberbürgermeister bei seinem öffentlichen Vorschlag gedacht? Seiner Meinung nach, würde Silvio Witt damit nur unnötige Erwartungen bei den Bürgern wecken. „Die Menschen laufen in der Stadt rum und denken, Neubrandenburg kauft den Kaufhof, unten kommt ein Supermarkt rein und oben Wohnungen. Das finde ich unverantwortlich“, so der AfD-Ratsherr, der sich auch darüber echauffierte, dass das Kauf-Angebot nicht mit der Stadtvertretung im Vorhinein abgesprochen gewesen sei.

Vor allem das öffentliche Vorgehen sei sehr unüberlegt gewesen. Stattdessen regte Robert Schnell an, den Eigentümer der Immobilie einmal in den Stadtentwicklungsausschuss einzuladen, um eine gemeinsame Lösung zu suchen. Der Eigentümer, eine Hamburger Grundstücksfirma, zeigte sich selbst sehr überrascht über die plötzliche Kauf-Offerte und erwartete kein realistisches Angebot seitens der Stadt.

Mehr dazu: Kaufhof-Kauf durch Neubrandenburg – Verwalter überrascht

Stadtplaner: Alle Optionen prüfen – auch den Kauf

Frank Renner, oberster Stadtplaner, versuchte im Stadtentwicklungsausschuss die Situation zu erklären. Der Kaufhof sei ein städtebauliches, sehr bedeutendes Gebäude in der Innenstadt, der Leerstand seit Jahren ein Problem. Gespräche mit dem Eigentümer über eine Sanierung hätten zu nichts geführt. „So stellt sich die Gefechtslage dar“, analysiert Frank Renner.

Der Eigentümer erklärte auch dem Nordkurier, man sei nicht bereit, weiter in die Immobilie zu investieren. Stattdessen strebe man einen Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes an. Ein Gutachten der Immobilienfirma habe gezeigt, dass die eine reine Erdgeschossnutzung „wirtschaftlich und technisch nicht darstellbar“ sei. Das wäre eine Voraussetzung, um den Kaufhof den Denkmalschutz zu entziehen.

Frank Renner sieht das etwas anders. Er vermisst „die notwendige Tiefenschärfe, die so ein Gutachten haben müsste“. Er hob hervor, dass alle Register gezogen werden müssten, um das Gebäude wieder zu öffnen. Da würden alle Optionen geprüft, auch ein Kauf. Das könnte auch im Rahmen der Städtebauförderung ermöglicht werden.

Schuldenfreiheit nicht leichtfertig vergeben

Die Vertreter der anderen Fraktionen blickten ebenfalls sehr skeptisch auf das Vorhaben. Ingo Gille von der SPD schreckt vor allem die hohe Kaufsumme an angesichts anderer finanzieller Herausforderungen. „Wir sollten unsere gerade erst erreichte Schuldenfreiheit nicht leichtfertig aufs Spiel setzen“, sagte Gille. Dann zählte er auf, was die Stadt noch alles zukommt an finanziellen Belastungen. Drei Schulsanierung, die Herrichtung des Lokschuppenareals und eine neue Schwimmhalle soll auch noch gebaut werden. „Öffentliche Gelder sind für mich wie meine privaten Gelder. Und ich bin nicht bereit, mich privat zu verschulden“, überspitzte der SPD-Ratsherr.

Linke: Öffentliches Kaufangebot war nicht klug

In dieselbe Kerbe schlug auch Katherina Muth von der Linksfraktion. Auch ohne Großbaumaßnahmen ist die finanzielle Lage prekär. „Ich glaube nicht, dass es klug war, den Kauf öffentlich anzustoßen. Auch nicht um den Druck auf den Eigentümer zu erhöhen“, sagte die erfahrene Kommunalpolitikerin. Gleichzeitig wünsche sie sich natürlich einen Kaufhof mit Supermarkt, aber das sei im Moment nicht realistisch.

Etwas vorsichtiger formulierte Ralf Kohl, sachkundiger Einwohner der Fraktion Bürger für Neubrandenburg die Kritik, er wünschte sich weitere Ausführungen der Stadt zu dem Thema. „Die werde sich ja wohl etwas dabei gedacht haben.“ Einig waren sich alle s Ausschussmitglieder, die sich zu dem Thema geäußert haben, darin, dass der Zeitpunkt und die fehlende Absprache mit der Stadtvertretung sehr unüberlegt gewesen seien. Für eine der kommenden Ausschusssitzungen soll tatsächlich der Eigentümer als Gast eingeladen werden.