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In Neuwoges-Wohnung

Neue Heiztechnik lässt 88-Jährige frieren

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Die Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft (Neuwoges) hat in einigen ihrer Häuser ein neues Heizsystem einbauen lassen. Das soll selbst für die optimale Temperatur in den Wohnungen sorgen.
Veröffentlicht:18.02.2020, 21:00

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Lore Strasen ist 88 Jahre alt und friert in ihrer Wohnung in der Neubrandenburger Oststadt. Seit zehn Jahren ist sie Mieterin in einem Mehrfamilienhaus mit Fahrstuhl im Juri-Gagarin-Ring. Es sei klamm in der Wohnung, sagt sie. Glücklicherweise hatte und hat der Winter in dieser Saison keinen Einzug in der Vier-Tore-Stadt gehalten. „Mir graut aber davor, wenn es wieder soweit ist“, meint sie. Schuld an der Misere ist nach ihren Angaben das neue Heizsystem. Ihr Vermieter, die Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft (Neuwoges), hatte dies 2018 einbauen lassen. Es handelt sich um ein System mit einer künstlichen Intelligenz, die die optimale Temperatur auswählt.

Temperatur zu regeln, ist nicht mehr möglich

Selbst Lore Strasens Tochter greift zum Stift und schreibt dem Nordkurier. „Die Heizung funktionierte nie richtig gut, aber in den ersten Jahren war es zumindest möglich, durch die Regelung des Thermostatventils an den Heizkörpern die Wärmezufuhr zu drosseln oder zu erhöhen“, so die Tochter. Seit der Installation der neuen Technik sei eine individuelle Temperaturregelung praktisch nicht mehr möglich. „In keinem Zimmer wird die für meine Mutti benötigte Wohlfühltemperatur erreicht“, berichtet Katrin Strasen. Klagen über die Temperatur hätte die Neuwoges mit Beschwichtigungen abgetan. „Es wurde angegeben, dass die Messwertgeber Temperaturen zwischen 21 und 23,5 Grad aufzeichneten. Es gab ein Merkblatt und das war‘s“, schreibt die Tochter. Doch wie konnten überhaupt 23,5 Grad gemessen werden? „Weil wir meiner Mutti ein Elektroheizgerät gekauft haben, das sie regelmäßig anschaltet, wenn sie sich länger im Wohnzimmer aufhält“, heißt es in dem Brief. Katrin Strasen verweist in dem Zusammenhang auf das erhöhte Wärmebedürfnis ihrer Mutter. Sie wisse, dass die genormte Raumtemperatur zwischen 18 und 22 Grad liege. „Dieses gilt als Durschnitt! Meine Mutti gehört mit ihren 88 Jahren ganz sicher nicht mehr dazu“, meint die Tochter.

Matthias Trenn, Sprecher der Neuwoges, betont auf Nordkurier-Nachfrage, dass die Funktionalität sowohl der Heizungsanlage als auch des Heizungssteuerungssystems gegeben sei. Er bezieht sich dabei auf „eingeleitete Prüfungen“. Zwei Beschwerden seien bekannt und es seien Raumtemperaturanpassungen vorgenommen worden. „Die Mitteltemperatur des gesamten Wohnhauses liegt aktuell bei 22,1 Grad“, so Matthias Trenn.

Mieter schriftlich über Heizverhalten informiert

Kurz nach der Einführung des neuen Systems im Jahr 2018 – zehn Prozent an Heizenergie konnten der Neuwoges zufolge so bereits eingespart werden – seien vermehrt Beschwerden aufgetaucht. Der Sollbereich für die Wohnraumtemperatur im besagten Haus sei auf 21 bis 23 Grad angepasst und die Vorlauftemperatur in Abhängigkeit zur Außentemperatur angehoben worden. Darüber hinaus seien die Mieter nochmals schriftlich über ein nachhaltiges und richtiges Heizverhalten mit der Egain-Technologie informiert worden.

Für rund 1500 Wohnungen hat diese Technologie nach Neuwoges-Angaben nun die Steuerung der Heizungsanlagen übernommen. Es sei zudem möglich, Raumtemperaturen von 24 oder 25 Grad zu erreichen. „Grundvoraussetzung ist aber, dass die betreffenden Räume dauerhaft geheizt werden“, so der Sprecher. In bisher 23 Objekten sei die Technologie nun verbaut worden. Und die Neuwoges wolle vorerst an dem System festhalten und Erfahrungen sammeln. Von den daraus resultierenden Ergebnissen hänge ab, ob im Sinne des Klimaschutzes das System fortgeführt werde und Umrüstungen in weiteren Gebäuden folgten.