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MMO aus Neubrandenburg

Studio für Computerspiele startet mit Unterwasserwelt durch

Neubrandenburg / Lesedauer: 5 min

Kaum zu glauben, aber in Neubrandenburg sitzt das größte Studio für Computerspiele im Land. Djamacat will die Branche mit einer neuen Spielewelt aufmischen.
Veröffentlicht:07.03.2020, 13:38

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Wenn man Mecklenburg-Vorpommern hört, denkt man an Landwirtschaft, Tourismus, Gesundheitswirtschaft und Windkraft. Doch in Neubrandenburg beackern die Pioniere der Firma Djamacat ein Wirtschaftsfeld, das bisher wenige im Land so richtig auf dem Schirm haben. In der Viertorestadt sitzt tatsächlich Mecklenburgs größtes Indie-Game-Studio, das in der Computerspielszene weltweit auf sich aufmerksam macht.

In einem Bürohaus in der Tilly-Schanzen-Straße hat der Geschäftsführer Tommy Müller mehrere Räume angemietet. Hier trifft sich das Team von Djamacat, obwohl man prinzipiell von jedem Ort auf der Welt mitarbeiten könnte. „Es ist ein kreativer Prozess, bei dem verschiedene Softwareentwickler und Grafiker harmonieren müssen. Darum ist Spiele-Entwicklung die Königsklasse“, sagt Tommy Müller.

Idee 2017 am Küchentisch entwickelt

Der gebürtige Neubrandenburger ist ein ziemlich bodenständiger Typ. So setzt sich beispielsweise der Firmenname „Djamacat“ aus den Namen seiner Kinder und seiner Frau zusammen. Nach seiner Ausbildung zum Informatikkaufmann arbeitete er unter anderem bei Data Experts in Neubrandenburg und bei der Neveriner Clausohm-Software GmbH. Sein Ziel war aber klar: „Ich wollte unbedingt Spiele entwickeln“, erzählt der 38-Jährige. Berufsbegleitend machte er ein Fernstudium an der Wilhelm Büchner Hochschule in Darmstadt. Für seine Diplomarbeit entwickelte er 2014 einen Prototypen des Online-Spiels „Aquaryouns“.

Als er dann die Möglichkeit bekam, nach Hamburg zu gehen, zögerte Tommy Müller nicht lange. Denn die Hansestadt ist der deutsche Hotspot der Computerspielbranche überhaupt. Die Familie zog ihn dann wieder in seine Heimatstadt zurück, doch mit den Erfahrungen aus Hamburg im Gepäck war der Traum vom eigenen Studio greifbarer geworden. „Mit zwei Freunden haben wir 2017 am Küchentisch die Idee entwickelt“, sagt Tommy Müller. Im Juli 2017 hat er den Schritt gewagt und die Firma Djamacat gegründet. Private Investoren haben an ihn und den Erfolg seiner Idee geglaubt und Geld zur Verfügung gestellt, damit die Crew von Djamacat loslegen konnte. Mittlerweile ist das Team auf neun Mitarbeiter angewachsen und der zehnte soll bald hinzukommen.

15.000 Spieler für neues Spiel registriert

Der deutsche Markt für Computer-und Videospiele wächst. Nach Angaben des Verbands der deutschen Games-Branche spielen mehr als 34 Millionen Deutsche. Mit 48 Prozent Frauen und 52 Prozent männlichen Spielern ist die Szene ziemlich ausgeglichen, und das Durchschnittsalter der Gamer steigt weiter an. Nach China, der USA, Japan und Südkorea ist der deutsche Videospielmarkt mit einem geschätzten Jahresumsatz von 4,9 Milliarden Euro der fünftgrößte der Welt.

Höchste Zeit also, dass auch in Mecklenburg-Vorpommern etwas passiert. Üblicherweise arbeiten Gamestudios an mehreren verschiedenen Spielen, die dann nach und nach auf den Markt kommen. Der Ansatz von Tommy Müller unterscheidet sich aber grundsätzlich. „Aquaryouns ist kein Spiel. Aquaryouns ist eine alles umfassende Spielewelt, dessen Qualität sich erst durch verschiedene Aquaryouns-Spiele verschiedenster Genres wie Strategiespiele, Wirtschaftssimulationen, Ego-Shooter oder Adventures voll entfaltet. Alle Aquaryouns-Spiele teilen sich nicht nur dieselbe Zeitachse, sondern interagieren im selben Universum in Echtzeit miteinander. So hat jede Aktion in einem der einzelnen Spiele Einfluss auf die anderen Spiele,sofort, direkt und immer“, erklärt Tommy Müller die ambitionierte Vision.

„Aquaryouns World” kann man kostenlos spielen

Am 11. November um 19.11 Uhr ist mit „Aquaryouns World“ das erste eigene Massively Multiplayer Online Game (MMO), zu deutsch etwa Massen-Online- Gemeinschaftsspiel, online gegangen. Zwar ist es noch eine Entwicklerversion, bei den Spielern hat es aber voll eingeschlagen. „Das Feedback ist ziemlich gut, und aus der Branche habe ich gehört, dass das Potenzial als sehr groß eingeschätzt wird“, sagt Tommy Müller stolz. 15 000 Spieler sind weltweit registriert. „Wir haben die Grundlage geschaffen. Jetzt muss die 3D-Unterwasserwelt durch viele Spieler bevölkert und gestaltet werden“, sagt Tommy Müller.

Dem Spieleentwickler war es wichtig, dass man „Aquaryouns World“ kostenlos spielen kann. Damit die Entwicklungskosten aber wieder eingespielt werden, können die Gamer gegen eine Spende spezielle Gebäude oder individuell gestaltete Unterwasserschiffe erwerben. Allerdings nicht, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Spielern zu erkaufen. „Das Spieleprinzip ,Pay to win‘ lehne ich ab“, sagt Tommy Müller.

„Das Spiel wächst mit den Spielern. Sie beleben und verändern es.“

Die Idee für die „Aquaryouns“-Welt kam ihm während einer Zugfahrt. Schon als kleiner Junge hat Tommy Müller eigene Unterwasserwelten in Glasbecken erschaffen. „Mich haben immer schon Aquarien fasziniert“, erzählt er. Heute rennt er nicht in die nächste Zoohandlung, sondern baut mit Nullen und Einsen seine Zukunftsutopie, wie die Welt in 500 Jahren aussehen könnte. Die Polaren Eiskappen sind geschmolzen, die Kontinente überflutet und eine Umsiedlung auf andere Planeten gescheitert. Also muss der Mensch sich in der Unterwasserwelt zurechtfinden.

Und genau darum geht es in dem Spiel. Als Aquaryoun kann man eine menschliche Zivilisation zu Ruhm und Ehre führen, indem man umfangreiche Wirtschaftskreisläufe erschafft, neue Gebiete erobert, mit Pionierschiffen die Unterwasserwelt erforscht, diplomatische Beziehungen knüpft oder die Bewegungen der Gegner in Echtzeit auf dem Holo-Tisch des Kontrollzentrums beobachtet. Man kann die Schiffe individuell bis ins kleinste Detail konfigurieren. „In fünf Jahren wird die Welt ganz anders aussehen“, sagt der 3D-Artist Kota, der seit zweieinhalb Jahren dabei ist. Auch wenn die Unterwasserschiffe natürlich nicht realistisch sind, müssen Design und Funktion aber glaubwürdig sein und ineinandergreifen. „Das Spiel wächst mit den Spielern. Sie beleben und verändern es“, freut sich Tommy Müller, der durch die weltweite Community Neubrandenburg bekannter machen und zeigen will, dass sich auch in Mecklenburg eine Spieleschmiede aufbauen lässt.