StartseiteRegionalNeubrandenburgUnscheinbare Figur macht Altar wertvoll

„Schatz” in Rosenower Dorfkirche

Unscheinbare Figur macht Altar wertvoll

Rosenow / Lesedauer: 3 min

Es gibt schönere Altäre, das steht fest. Die Variante in der Rosenower Kirche wirkt sehr schlicht durch ihr hellbraunes Holz. Doch eine Besonderheit lockte einen Historiker in die kleine Dorfkirche.
Veröffentlicht:30.08.2018, 06:30
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„Wir wussten wenig über unseren Altar hier in der Kirche in Rosenow“, sagt Bettina von Wahl vom Drei-Kirchen-Förderverein. Es sei ein Mittelteil eines Flügelaltars, soviel war bekannt. Vermutet wird außerdem, dass es früher vielleicht zu einem Altar in der Kirche in Kastorf gehört haben könnte. Kastorf, Rosenow und Galenbeck bildeten mal eine Kirchengemeinde. Auch eine winzige Frauenfigur am linken Altarrand konnte niemand so recht zuordnen. Halb verdeckt hinter einem Thron steht sie.

Manchmal braucht es Umwege, um zu erkennen, was für ein „Schatz“ da in der kleinen Dorfkirche steht. Ein junger Historiker aus Rostock hat sich für seine Promotion am War Institut in London ein sehr spezielles Thema ausgesucht. Er promoviert über den Sibyllen-Glauben als christliche Prophetin im Mittelalter. Bei seinen Recherchen im Internet stieß er auf den Rosenower Altar, erzählt Bettina von Wahl. Er sei dann in Rosenow zu Gast gewesen und habe sich das gute Stück angeschaut. Finn Schulze-Feldmann heißt der junge Mann. Dank ihm wissen die Rosenower jetzt viel mehr über ihren Altar und die unscheinbare Figur hinter dem Thron, auf dem ein Herrscher, der Kaiser Augustus darstellen soll, sitzt.

Die Sybillen galten als inspirierende Frauen

Der Legende nach wollte das römische Volk besagten Kaiser als Gott verehren, habe ihr der junge Historiker erläutert, so Bettina von Wahl. Weil Augustus jedoch eine solche Verehrung widerstrebte, habe er den Rat der Sibyllen gesucht. „In der Antike waren die Sibyllen eine Gruppe von Seherinnen, die in Rom sogar als Staatsorakel angesehen wurden“, schreibt Schulze-Feldmann in einer umfassenden Einschätzung des Rosenower Altars, die er dem Förderverein zukommen ließ.

Bis ins 16. Jahrhundert galten die Sybillen dann als inspirierende Frauen. Der Historiker datiert den Altar auf die Zeit um 1500. Interessanterweise befänden sich drei Aufsätze mit gleichem Bildprogramm im nahen Klein Helle, in Cölpin und in Lindow. Auch in den Hansestädten Lübeck und Brügge sind Bezüge zu finden. „Eine Entstehung des Altarretabels im hanseatischem Milieu ist deshalb wahrscheinlich“, schlussfolgert der Wissenschaftler.

Dies zu wissen ist für die Mitglieder des Fördervereins von großem Vorteil. Denn sie wollen sich auch um Fördermittel zur Restaurierung bemühen. Vor gut einem Jahr wurde der Anbau in Rosenow eingeweiht, mit einer kleinen Küche und Toiletten.

Die Stiftung kirchliches Bauen in Mecklenburg half bei der Finanzierung, genauso wie die Kirchengemeinde Mölln und der Kirchenkreis Mecklenburg. Der Förderverein beteiligte sich mit 15.000  Euro, die sich aus vielen kleinen Spenden zusammensetzte. Außerdem gab die Katharina und Gerhard Hoffmann-Stiftung Geld. Sie begleitet die Veränderungen in der Rosenower Kirche schon seit vielen Jahren. Den Stiftern, ein Geschwisterpaar, sei wichtig, dass Leben in die Objekte einzieht. Und natürlich passiert das, wie kürzlich mit der so erfolgreichen Geschichten-Werkstatt, die die Kreativität bei Groß und Klein beförderte oder dem bevorstehenden Konzert.

Ein besonderes Konzert in der Kirche

Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern kommen am Donnerstag, dem 6. September um 19.30 Uhr, mit einem besonderen Konzert in die Kirche. Die Musiker Stephen Waarts und Gabriele Carcano werden im Rahmen der Reihe „Preisträger-Konzert“ Werke von Fauré, Szymanowski und Bartók zum Besten geben.

Stephen Waarts wurde 1996 in der USA geboren. Er widmet sich seit seinem fünften Lebensjahr der Violine und hat bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Waarts wird im Rahmen des Konzerts mit dem Wemag-Solistenpreis 2017 geehrt. Der 1985 in Italien geborene Pianist Carcano begann sein Klavierspiel im Alter von sieben Jahren. Auch er ist bereits vielfach ausgezeichnet worden und hat auf der ganzen Welt mit führenden Orchestern gespielt.