StartseiteRegionalNeustrelitzÄmter derzeit sehr skeptisch bei Wohnsitzwechsel

Sehnsucht nach dem Dorf

Ämter derzeit sehr skeptisch bei Wohnsitzwechsel

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Gerade in der Corona-Krise gibt es Menschen, die den engen Großstädten entfliehen wollen. Viele versuchen derzeit, ihren Hauptwohnsitz in die kleineren Orte in MV zu verlegen. Meist erfolglos.
Veröffentlicht:15.04.2020, 09:37

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Trotz scharfer Kontrollen in der Corona-Krise starten viele verhinderte Urlauber und auch Menschen mit einem Zweitwohnsitz in der Region stetig neue Versuche, im Land zu bleiben. Und: Plötzlich wollen offenbar immer mehr Menschen gleich ganz nach Mecklenburg. Darauf deuten zumindest Rückmeldungen aus den Meldebehörden hin. Einige Kommunen registrierten in den vergangenen Wochen einen regelrechten Ansturm von Auswärtigen, die gerne ihre Wahl-Heimat in die Region verlegt hätten. “Es gibt etliche Anfragen von Bungalowbesitzern, die ihren Hauptwohnsitz jetzt anmelden wollen“, sagte Karola Kahl, Amtsleiterin in der Mecklenburgischen Kleinseenplatte, zu der unter anderem die Erholungsorte Mirow, Wesenberg und Wustrow gehören.

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Vergleichbares wurde in Teilen des Stargarder Landes um den Tollensesee sowie der Feldberger Seenlandschaft inmitten des Müritz-Nationalparks wahrgenommen: „Mit Veröffentlichung der SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung ist auch bei uns im Haus eine verstärkte Nachfrage zu An- beziehungsweise Ummeldungen von Neben- auf Hauptwohnungen zu verzeichnen gewesen“, sagte Patrick Reußow aus dem Feldberger Rathaus. Zugelassen wurden in den letzten drei Wochen allerdings nur 17 Erstwohnsitz-Anmeldungen, umgeschrieben von Zweit- auf Erstwohnsitz nur zwei. Im Amtsbereich Kleinseeplatte wurde seit dem 20. März gar überhaupt kein Erstwohnsitz mehr angemeldet. Denn auch für die Anmeldung des Hauptwohnsitzes hat das Innenministerium die Richtlinien verschärft.

In den Städten ergibt sich ein anderes Bild

So nahmen die Behördenmitarbeiter die Interessenten noch genauer unter die Lupe: „Hier wurde die Notwendigkeit jeweils im Einzelfall entsprechend der gegenwärtigen Verordnungs- und Erlasslage geprüft“, sagte Reußow. Genehmigungen gab es beispielsweise bei einem Wechsel der Arbeitsstätte oder einem Erstbezug der eigenen Immobilie. Angesichts der Corona-Angst kaum überraschend: Die Menschen interessieren sich wohl in erster Linie für dünn besiedelte Kommunen auf dem Land. Denn in größeren Zentren wie Neubrandenburg, Waren an der Müritz oder Neustrelitz lässt sich kein vergleichbarer Trend beobachten. Zwar haben in der Kreisstadt in den vergangenen fünf Wochen 231 Menschen ihren Erstwohnsitz angemeldet (Studenten und Flüchtlinge eingerechnet). Doch: „Die Zahlen sind nicht abweichend zu anderen Zeiten. Wegen der Corona-Krise sind keine Besonderheiten festzustellen“, so die Einschätzung von der Neubrandenburger Stadtsprecherin Anett Seidel.

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In Waren wollten ebenso wenige ihren Zweitwohnsitz umschreiben: „Es ist kein Statuswechsel zu verzeichnen“, so Pressesprecherin Stefanie Schabbel. Weniger Zuzüge als sonst wurden gar in Demmin gezählt. „Dabei wurde genau geprüft, dass es sich dabei nicht um eine Umgehung der Reisebestimmungen handelt“, sagte Amtsleiter Jörg Küthe. Die Zuströme nach Neustrelitz haben sich laut Bürgermeister Andreas Grund ebenfalls kaum verändert. Allerdings geht auch die dortige Verwaltung gemäß der Verordnung des Ministeriums restriktiv mit solchen Begehrlichkeiten um. „Es ist eine schlechte Zeit für Veränderung“, sagte Grund.

Kleinseenplatte beliebt für Zweitwohnsitz

Zusammen dürften übrigens mehrere Tausend Menschen einen Zweitwohnsitz in der Seenplatte angemeldet haben. Zwar liegt der Kreisverwaltung darüber keine Gesamtübersicht vor. Doch allein in Neubrandenburg sind laut Angaben der Stadtverwaltung 1313 Menschen mit Nebenwohnung aufgelistet, in Neustrelitz 912, in Waren 434, im Malchiner Amtsbereich 372 und in Demmin 225. In der Mecklenburgischen Kleinseeplatte unterhalten gar 667 Menschen eine Zweitwohnung, in der Feldberger Seenlandschaft 193. Das Amt Seenlandschaft Waren – zu dem unter anderem auch Torgelow am See und Jabel gehören – zählt immerhin 302 Dauergäste, das Amt Woldegk hingegen lediglich 82 und das Amt Mecklenburgische Schweiz – zu dem fast hundert Orte zählen – wiederum nur 89.

Die Polizei hindert diese Menschen ebenso wie Touristen seit einigen Wochen an der Einreise, sofern sie keinen triftigen Aufenthaltsgrund wie die Ausübung ihres Berufs oder einen wichtigen Familienbesuch vorbringen können. Damit soll die Verbreitung des Corona-Virus verlangsamt sowie das hiesige Gesundheitssystem vor Überforderung geschützt werden.