StartseiteRegionalNeustrelitzAltes Klavier löst Rätsel um „C. Peters, Neu-Strelitz”

Instrumenten-Bau

Altes Klavier löst Rätsel um „C. Peters, Neu-Strelitz”

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Viel Geduld und Fingerspitzen waren nötig, um ein altes Klavier aufzuarbeiten. Die Neustrelitzer Klavierbaumeisterin Katrin Schmidt hauchte dem gut 190 Jahre alten Instrument wieder Leben ein.
Veröffentlicht:20.11.2021, 08:13

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Es gibt Klaviere von weitaus besserem Klang. Dennoch ist das Exemplar, das nun im Neustrelitzer Kulturquartier zu besichtigen ist, von unschätzbarem Wert. Dass das vermutlich rund 190 Jahre alte Instrument im September überhaupt in der Kulturstätte platziert werden konnte, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken.

Ende 2019 entdeckte der Neubrandenburger Heiko Köpke das Klavier im Laden von Katrin Schmidt in der Zierker Straße. Die Klavierbaumeisterin sollte es im Auftrag des Eigentümers restaurieren. „Es war in einem erbärmlichen Zustand“, sagt Katrin Schmidt. Einige Jahrzehnte hatte es in einem unsanierten und größtenteils leer stehenden Mietshaus am Hafen sein Dasein gefristet. Bis ein Potsdamer Unternehmer das Haus 2018 erwarb und beim Entrümpeln auf das Instrument stieß. Dank seines Gespürs für Antiquitäten gab er dem Klavier eine zweite Chance und Katrin Schmidt den Auftrag, es zu neuem Leben zu erwecken.

Welchen Schatz sie da unter die Hände bekommen hatte, wurde ihr erst mit dem Besuch von Heiko Köpke deutlich. Der Neubrandenburger sammelt seit Jahren Klaviere und kennt sich bestens mit der renommierten Pianofirma Roloff aus. Die Neubrandenburger Klavierwerkstatt war seinerzeit Hoflieferant, die in der Stadt am Tollensesee hergestellten Instrumente über die Ländergrenzen hinweg begehrt.

Eigentlich gab es bislang gar kein Exemplar mehr

Auf den ersten Blick ähnelte das Piano in Katrin Schmidts Laden den Instrumenten aus dem Hause Roloff: ein sogenanntes Dog Kennel Klavier – auf gut Deutsch gesagt ein Hundezwinger. „Ich mag diese Bezeichnung nicht, aber so wird dieser Korpus mit den Öffnungen an den Pedalen bezeichnet“, sagt Katrin Schmidt. Wer jedoch den Tastendeckel anhebt, erblickt die Inschrift: „C.Peters Neu-Strelitz“. Für Heiko Köpke war dieser Anblick eine Sensation.

Jahrelang geisterte in Fachkreise der Name Peters um, der in Neustrelitz Klaviere gebaut haben soll. Doch zu Gesicht hatte bis dato niemand eines bekommen. Nun stand Heiko Köpke vor einem Exemplar. „Ich bin froh, dass es in so gute Hände gelangt ist“, sagt er. Nach seinen Recherchen handelt es sich bei „C. Peters“ um einen Neustrelitzer Möbeltischler, der für den Hof des Herzogs geschreinert hat. „Vermutlich sah er, wie gut die Geschäfte der Firma Roloff in Neubrandenburg liefen, und wollte auch ein Stück vom Kuchen haben“, sagt Köpke. Sehr viel Erfolg hatte er jedoch nicht mit dieser Geschäftsidee. Denn schon nach fünf Jahren ließ der Hoftischlermeister die Finger vom Klavierbau.

„Dies hier ist eine wirklich gute Kopie des Roloff-Originals, nur die Verzierungen hat der Herr Peters nicht so gut hinbekommen“, sagt Köpke. Für Neustrelitz sei jetzt der Nachweis erbracht, dass es hier eine Klavierfabrik gab.

Alles musste gesäubert und repariert werden

Zwei Jahre hatte Katrin Schmidt die Rarität in ihrer Werkstatt. Von den Tasten bis zu den Saiten, vom Resonanzboden bis zu den Anschlaghämmerchen musste alles gesäubert, ersetzt, repariert oder nachgezogen werden. „Ich habe das Piano komplett auseinandergenommen, aber es nicht tot saniert“, sagt die Klavierbauerin. Das heißt: Von der Originalsubstanz blieb so viel wie möglich erhalten. „In den letzten hundert Jahren waren da schon mal andere dran“, sagt sei und zeigt auf einen misslungenen Versuch, das Furnier zu ergänzen. Sie hat sich die Zeit genommen und das alte Furnier mit Schellack aufpoliert. „So ein Stück wie dieses lässt sich nicht nach Schema F reparieren. Da braucht man Geduld und viel Fingerspitzengefühl“, sagt sie. Alles in allem stecken in dem exklusiven Instrument gute drei Monate Arbeit.

Als der Eigentümer erfuhr, welche Sonderstellung sein Klavier für Neustrelitz hat, bot er es dem Kulturquartier als Leihgabe an. Das freut den Entdecker und Experten für historische Klaviere, Heiko Becker, sehr. „Es wäre sehr schade gewesen, wenn dieses Piano hier keinen repräsentativen Platz gefunden hätte“, sagt er.