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Film-Biografie

Berliner Filmemacher will Serie über Fallada und Carwitz drehen

Carwitz / Lesedauer: 5 min

Der Dichter-Ort am Rande der Seenlandschaft fasziniert den Berliner Filmemacher Andreas Eicher: In einem Sechsteiler will er Episoden aus dem Leben des Schriftstellers aufgreifen.
Veröffentlicht:20.07.2022, 13:07

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Der Ort war‘s. Kein Zögern kennt Andreas Eicher bei der Frage nach dem Auslöser für sein nächstes Filmprojekt. „Carwitz“ soll der Sechsteiler voraussichtlich heißen und dem wohl berühmtesten Einwohner in der Geschichte des kleinen Dorfes am Rande der Feldberger Seenlandschaft (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) gewidmet sein. Denn neben dem Eindruck des Ortes fasziniert den Berliner Autor und Produzenten die Geschichte einer Familie in jenen bewegten Jahren, als der Schriftsteller Hans Fallada hier in der „Welteneinsamkeit“ Zuflucht suchte vor den Dämonen seiner Psyche und seiner Zeit.

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Im Urlaub Museum entdeckt

Ein Urlaub hatte den Filmemacher im vergangenen Jahr erstmals ins Fallada-Land und ins Hans-Fallada-Museum Carwitz geführt, das am authentischen Ort – auf der einstigen Büdnerei, die Fallada 1933 vom Erlös seines Welterfolgs „Kleiner Mann, was nun“ erworben hatte – Leben und Wirken, Hoffnungen und Niederlagen des Autors, Landwirts, Familienvaters erlebbar macht. Ein Fallada-Buch hatte auch Andreas Eicher mit im Urlaubsgepäck. Seine ersten „Begegnungen“ mit dem Werk des Autors waren viele Jahre zuvor indes Verfilmungen wie „Der Eiserne Gustav“ und die Serie „Ein Mann will nach oben“.

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1933 bis 1947 als zeitlicher Rahmen

Gelesen habe er Fallada erst später, erzählt Eicher und vermutet, dass es vielen Menschen ähnlich geht: „Der Name sagt jedem was, aber wer hat wirklich wie viel von ihm gelesen?“ Und trotz zahlreicher Werk-Verfilmungen gebe es neben dem Defa-Film „Fallada – Letztes Kapitel“ bislang kaum Biografisches in bewegten Bildern. Eine Lücke, wie geschaffen für Eichers Idee zu einem Biopic – das Kürzel für „biographical picture“ meint eine biografische Filmversion. Dabei legt es der Produzent nicht auf eine dokumentarische Lebensbeschreibung an. Vielmehr will er in sechs Episoden sechs „Nahaufnahmen“ entwerfen, sechs Schlaglichter zwischen der Ankunft 1933, die im Zentrum der ersten Folge steht, und Falladas Todesjahr 1947, als der Schriftsteller schon nicht mehr in Carwitz lebte.

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Jeder Folge mit Büchern der jeweiligen Zeit verknüpft

Eine wichtige Rolle kommt dabei Falladas Frau Anna Ditzen und dem Familienleben zu, wenn Eicher erzählen will „von der Unmöglichkeit, ein Paradies für Fallada zu schaffen“ – was scheitern musste an der Persönlichkeit des innerlich zerrissenen, manischen und morphinsüchtigen Autors ebenso wie am Erfolgs- und politischen Druck in Zeiten des Nationalsozialismus. Die Handlung jeder Folge werde verknüpft sein mit den Büchern, die zur jeweiligen Zeit entstanden.

Ansatzpunkte zu finden, habe ihm das „wahnsinnig gut“ dokumentierte Leben und Schaffen Falladas leicht gemacht: Biografien ebenso wie Briefbände; besonders interessant findet der Filmemacher auch die auf Krankenakten des Schriftstellers beruhende Chronik „Der andere Fallada“ des Psychiaters Klaus-Jürgen Neumärker.

Stipendium für Recherche erhalten

Um sich in sein Projekt zu vertiefen, habe er, unterstützt durch ein Recherchestipendium der Verwertungsgesellschaft Wort, „erst mal zwei Monate nur gelesen“, erzählt der Berliner, der in den späten 80er Jahren als Autor und Regisseur erste Akzente in der Filmbranche gesetzt hat. Der Erfolg seines Produzentendebüts „Im Namen der Unschuld“ mit Regisseur Andreas Kleinert führte ihn dann auf andere Pfade, bis hin zur Gründung der Produktionsfirma box! Film, die sich unter anderem mit der Judith-Herrmann-Verfilmung „Nichts als Gespenster“ hervortat. Mittlerweile wieder freiberuflich, setzt Eicher neben seinen Projekten als Produzent – aktuell zum Beispiel mit der Verfilmung von Thorsten Nagelschmidts Berlin-Roman „Arbeit“ – seit einigen Jahren verstärkt auf die Rückkehr auch zum kreativen Part des Schreibens.

Filmförderung bewilligt

Autorschaft, Produktion und womöglich Regie unbedingt aus einer Hand verantworten zu wollen, ist nicht sein Anliegen: „Ich glaube an die Teamarbeit beim Film“, sagt er und schließt nicht aus, für sein Carwitz-Projekt weitere Autoren mit ins Boot zu holen. Zunächst aber wird er die von der Filmförderung MV bewilligte „Stoffentwicklungsförderung“ von 20 000 Euro nutzen, um in den nächsten Monaten die Konturen der sechs Folgen auszuarbeiten, die Bögen der Figurenentwicklung und die sogenannte Serienbibel zu entwerfen.

Produktionsbeginn wohl frühestens im Jahr 2024

Angelegt auf 45-minütige Folgen, könnte die Serie bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern und in deren Mediatheken „ein gutes Zuhause finden“, überlegt Andreas Eicher, kann sich aber auch andere Partner vorstellen. Ohnehin sei das Vorhaben noch in einem sehr frühen Stadium: Wenn alles gut läuft, könnte es nächstes Jahr in die Projektentwicklung gehen und vielleicht 2024 produziert werden. Mit Carwitz als Drehort? Natürlich sieht es hier kaum mehr aus wie in den 30ern, ist dem Filmemacher bewusst. Aber wo immer ein solch regionaler Effekt funktionieren kann, hätte er nichts dagegen. Zunächst wird er am bevorstehenden Wochenende die Hans-Fallada-Tage in Carwitz besuchen, um sich erneut auf den Geist des Ortes einzulassen und womöglich beim Jahrestreffen der Hans-Fallada-Gesellschaft hilfreiche Kontakte zu knüpfen.