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Angst vor Ansteckung

Coronavirus macht auch die Tourismusbranche krank

Seenplatte / Lesedauer: 4 min

Ausgerechnet zur Hauptbuchungszeit erleben Reisebüros und Hotels eine Welle der Stornierungen. Parallel geht die Zahl der Buchungen zurück.
Veröffentlicht:11.03.2020, 17:56

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Mit den täglichen Meldungen über neue Corona-Infektionen und weitere Todesfälle wächst die Angst vor dem Virus. Die Reiselust ist vielen Menschen längst vergangen. Sie stornieren und bleiben zu Hause. Für diejenigen, deren Urlaubsträume geplatzt sind, ist das nicht schön. Richtig hart trifft es aber diejenigen, die in der Tourismusbranche ihr Geld verdienen.

„Wir spüren das schon seit Wochen und es wird immer mehr“, sagte Mandy Ritter vom Neustrelitzer Reisebüro Strelitzreisen in der Mecklenburgischen Seenplatte. „Die Leute haben Angst und fragen, wie sie sich verhalten sollen, besonders ältere Kunden.“ Vor allem die Reisen, die kurzfristig für die kommenden Wochen geplant waren, würden abgesagt. Sogar eine Reise ins polnische Swinemünde sei storniert worden. Auch bei Urlauben an der deutschen Ostseeküste hätten die Leute Bedenken. Sie hätten Sorge, sich im Bus anzustecken. „Wir können nur hoffen, dass es irgendwie besser wird“, sagte Mandy Ritter.

„Irgendwann geht keiner mehr essen“

Für Steffen Riegel, Geschäftsführer von GFB-Reisen Neubrandenburg, sieht die Lage „sehr schlecht“ aus. „Die Leute stornieren oft sinnlos, sogar Reisen zu Ostern in die Oberlausitz, zur Elbphilharmonie nach Hamburg oder ins Ostseebad Kühlungsborn.“ Das Unternehmen mit zwei Reisebüros in Neubrandenburg bietet viele Busreisen an, die vor allem für ältere Menschen gedacht sind. „Bis Mitte April wurden alle Veranstaltungen im Friedrichstadtpalast in Berlin abgesagt. Wie es sich weiter entwickelt, wenn auch Österreich als Ziel ausfällt, werden wir sehen.“ Ein bis zwei Monate seien überbrückbar, aber wenn sich das Problem das ganze Jahr hinzieht, werde es kritisch. „Davon sind ja auch alle Hotels und Restaurants betroffen. Irgendwann geht keiner mehr essen.“

Natürlich zieht die Coronakrise auch am Landkreis Vorpommern-Greifswald nicht vorbei. „Noch läuft es ganz gut, gerade heute geht es mal wieder, aber man merkt es schon“, heißt es aus dem Reisebüro Kiek in de Welt in Pasewalk. Das Hotel Pommernland in Anklam muss eine Großstornierung verkraften. Mehr als 30 Italiener hatten im April 16 Zimmer gebucht. „Die gehören wohl zu den Leuten, die an der Nordstream-Pipeline arbeiten. Das ganze Treffen wurde abgesagt“, berichtet Burkhard Gühlke aus dem Familienunternehmen. „Hoffentlich können wir das noch ausgleichen.“

„Kurzfristig storniert”

Im Nordkurier-Reisebüro in Neubrandenburg beobachtet man die Entwicklung auch mit Sorge. „Wir haben einen ziemlichen Rückgang an Buchungen und viele Stornierungen – dabei ist ausgerechnet Ende Februar bis Anfang März normalerweise die Hauptbuchungszeit“, sagte Janine Schnaak. Sogar eine Flusskreuzfahrt auf der Donau, die Ende September stattfinden sollte, sei abgesagt worden.

Eine Stornierungs-Welle wie diese hat auch das Van der Valk Resort in Linstow im Landkreis Rostock noch nicht erlebt. „Größere Veranstaltungen werden kurzfristig storniert, die Veranstalter verschieben Tagungen“, sagte Pressesprecher Volker Wünsche. „Selbstverständlich geht das auch an uns nicht vorbei. Wir sind so kulant, die Stornierung kostenlos zu ermöglichen. Die Leute können dann nächstes Jahr wiederkommen.“

Es gibt aber auch Bastionen, in denen das Virus bisher keine Auswirkungen hat. „Alles im grünen Bereich“, sagte Sandra Pfingst aus dem Müritzpalais in Waren. „Wir haben vereinzelt Anfragen, wie es bei uns aussieht, ob es schon Fälle gibt. Die Leute haben ein bisschen Angst, wir hatten aber noch keine Stornierungen.“

Wo die Branche noch hoffen darf

Im Parkhotel in Pasewalk ist auch alles paletti. „Bis jetzt ist alles wie immer. Wir hoffen, dass das so bleibt.“ Verschont wurde bisher auch das Seeschloss Schorssow in der Mecklenburgischen Schweiz. „Bis jetzt läuft noch alles normal. Am Wochenende hatten wir eine große Veranstaltung mit 100 Gästen.“ Abgesehen von der Absage der italienischen Pipeline-Bauer geht es auch dem Hotel Pommernland in Anklam noch gut.„Das Hotel und auch unser Restaurantbetrieb laufen ansonsten normal. Zurzeit feiern alle Frauentag, noch die ganze Woche haben wir jeden Abend eine Frauentagsfeier“, sagte Burkhard Gühlke.

Gute Laune herrscht auch in der Hotel- und Ferienanlage Haffhus bei Ueckermünde. „Wir sind nicht unbedingt eine Region, in der sich die Menschen tottrampeln. Hier gibt es nicht viele Menschen, das ist wieder mal ein Vorteil. Bis Ostern sind wir ausgebucht und haben auch noch keine Auswirkungen des Virus bemerkt. Schon seit fünf Jahren haben wir ein Desinfektionsgerät im Eingangsbereich. Damals wurden wir belächelt, heute zahlt sich das aus.“

Vereinzelt hat das Virus sogar positive Nebenwirkungen. „Leute, die sich nicht mehr nach Italien trauen, buchen nun bei uns“, sagte Volker Wünsche vom Van der Valk Resort Linstow. Und im Nordkurier-Reisebüro in Neubrandenburg steigt die Nachfrage nach einsamen, abgelegenen Ferienhäusern.