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Entsetzen nach Urteil zu Vergewaltigung in Neustrelitz

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Ein 16-Jähriger hatte eine 11-Jährige im Neustrelitzer Schlosspark vergewaltigt. Das Urteil zu dem Fall fiel nicht öffentlich – und sorgt für großes Unverständnis.
Veröffentlicht:20.07.2022, 18:02

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Die Tat hatte im Frühjahr für großes Aufsehen gesorgt: Im Neustrelitzer Schlosspark war ein 11-jähriges Mädchen vergewaltigt worden. Das Urteil, das nun am Amtsgericht Waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegen den Täter gesprochen und am Dienstag bekannt gemacht wurde, hat zu teils heftigen Reaktionen geführt – im Netz, aber auch unter Politikern im Land, die sich in der inzwischen bundesweiten Berichterstattung äußern. Dazu zählen unter anderem die Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor (CDU) und Leif-Erik Holm (AfD), aber auch der frühere Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Polizeigewerkschafter Rainer Wendt.

Forderung nach Abschiebung und härteren Strafen

So forderte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, am Mittwoch die sofortige Abschiebung des Verurteilten, der als unbegleiteter Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland gekommen war. „Wer sich als Asylbewerber an Kindern vergreift, hat sein Gastrecht verloren“, sagte Krings.

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Der frühere Neubrandenburger Amtsgerichtsdirektor und heutige AfD-Landtagsabgeordnete Horst Förster richtete seine Kritik weniger gegen das konkrete Urteil und mehr gegen Entwicklungen im Justizsystem als Ganzes. „Der Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht darf nicht dazu führen, dass letztlich der Täterschutz Vorrang vor dem Opferschutz einnimmt. Die Strafe muss auch im Jugendstrafrecht noch in einem vertretbaren Verhältnis zum Gewicht der Straftat stehen.” Das sei hier nicht der Fall. „Letztlich bleibt hier die Würde des Opfers auf der Strecke”, befand Förster.

Warum die Geheimniskrämerei?

Ein Jahr Haft auf Bewährung – so lautete die Entscheidung des Gerichts. Vielen erscheint das als deutlich zu milde, auch wenn Details zu dem Fall an der Seenplatte von den beteiligten Behörden bislang weitgehend unter Verschluss gehalten werden.

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Dass die Öffentlichkeit bei Prozessen um Sexualverbrechen ausgeschlossen wird, ist gängige Praxis. Damit soll auch das Opfer geschützt werden. Das gilt umso mehr im konkreten Fall, bei einer Minderjährigen. Auch der Täter, ein Flüchtling aus Afghanistan, wurde im Rahmen des Prozesses als minderjährig eingestuft. Sein exaktes Alter ist unbekannt, Unterlagen waren laut Gericht nicht vorhanden. Die Staatsanwaltschaft hatte ein spezialisiertes Institut damit beauftragt, den Beschuldigten zu untersuchen und eine Einschätzung abzugeben. Letztlich wurde sein Alter auf 16 Jahre taxiert.

Auflagen für den Verurteilten

Am Dienstag hatten die Behörden zwar über das Urteil informiert, aber auch erklärt, dass man vorerst keine weiteren Details nennen werde. Auch eine Urteilsbegründung wurde bislang nicht veröffentlicht. Inzwischen ist allerdings bekannt, dass der Jugendliche Auflagen bezüglich des Aufenthaltes in einer Einrichtung der Jugendgerichtshilfe in Neubrandenburg erhalten hat.

Kritik am Strafmaß

Während es seit Bekanntwerden des Urteils im Netz immer wieder zu Aufrufen zur Selbstjustiz kommt, gab es auf politischer Ebene auch vereinzelt sachliche Beiträge, die das Strafmaß kritisieren. Dabei geht es auch um die gesetzlichen Vorgaben. Das Strafrecht in Deutschland sieht für Vergewaltigungen ein Strafmaß von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Im Fall von jugendlichen Straftätern fallen die Urteile üblicherweise deutlich niedriger aus. Auch das ist im Gesetz so vorgesehen.

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Der Bundesgerichtshof weist in seiner Rechtssprechung explizit darauf hin, dass eine Jugendstrafe nicht auf Abschreckung gestützt werden dürfe. Zudem können Haftstrafen gegen Jugendliche nach deutschem Recht nur in Ausnahmefällen verhängt werden, etwa wenn ein Täter besonders brutal vorgegangen ist.