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Theater mal anders

In Neustrelitz wird ein ganzer Park zur Bühne

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Zum „Spaziergang mit Shakespeare“ laden die Schauspieler in Neustrelitz ihr Publikum an diverse Plätze des Schlossgartens ein. Die ungewöhnliche Inszenierungsidee weckt Lust auf Theater.
Veröffentlicht:31.08.2022, 12:27

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„Dieser Schlosspark fasziniert mich, seit ich zum ersten Mal in Neustrelitz war“, sagt Joris Löschburg, seit zwei Jahren Schauspieldramaturg an der tog und zuvor schon als Autor, Dramaturg und Regisseur in der freien Szene tätig. Auf seine eindrucksvolle digitale Inszenierung „Die Wand“, deren Stream bei der tog gebucht werden kann, folgt nun also eine weitere ungewöhnliche Regie-Arbeit: im Freien und in Bewegung mit Zauber und Verwandlung von Shakespeares Poesie und Dramatik.

Mit Musik und Schauspiel auf poetischem Spaziergang

Drei Schauspieler und zwei Musiker (ent)führen das Publikum spielerisch durch die barocke Anlage und durch den Kosmos des berühmten englischen Dichters. Der Neustrelitzer Schlossgarten wird in eine Bühne verwandelt, die ihresgleichen sucht. Die Theater und Orchestergesellschaft tog nimmt den Ehrgeiz, „nach draußen“ zu gehen, beim Wort mit einem poetischen Spaziergang.

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Aus dessen vielschichtigem Werk von Komödien und Tragödien, mörderischen Dramen und liebestrunkener Lyrik eine Auswahl zu treffen, dürfte eine Herausforderung gewesen sein; eine weitere, daraus ein stimmiges Medley zu formen. Löschburg ließ sich davon leiten, wie wohl auch Shakespeare vorgegangen sei, wenn er Geschehnisse seiner Zeit zusammengefügte, neben den Hauptfiguren immer auch „ein wunderbares Arsenal von Nebenrollen“ kreierte und aus all dem „ein rundes Ding“ machte. „Ein paar Top-Hits“ mussten natürlich hinein, stellt der Regisseur fest: „Romeo und Julia“ durften ebenso wenig fehlen wie „Hamlet“ oder der „Sommernachtstraum“, lauschige Liebesszenen ebenso wenig wie ein großer Auftritt entlang der zentralen Park-Achse.

„Zugehörigkeit von Park und Theater wird deutlich“

Diese großen Perspektiven und die barocke Ästhetik des ab 1730 angelegten, in den vergangenen Jahren historiengetreu sanierten Schlossgartens machen für Joris Löschburg die Faszination der Anlage aus. Dazu die „Leerstelle“ des 1945 niedergebrannten Schlosses, und gleich nebenan das (seinerseits mehrfach nach Bränden wieder auferstandene) Theatergebäude: „Da drängt sich doch die Zugehörigkeit von Park und Theater geradezu auf.“

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Zudem beglückt es den Regisseur, wie leidenschaftlich sich die Akteure auf dieses Abenteuer einlassen: „Die ganze Welt ist Bühne“, beruft sich etwa seine Frau, Schauspielerin Sophie Löschburg, auf Shakespeare höchstselbst und erlebt begeistert, wie präsent das Theater sich mit dem Park-Spaziergang zeigt. „Unglaublich lebendig“ findet Samuel Simon, den das Publikum im vergangenen Jahr schon beim Lem-Wochenende als Raumfahrer Ijon Tichy erlebte, die Freiheit jenseits des klassischen Theaterraums und die Momente zwischen den Menschen. Weitere Mitwirkende sind Benjamin Krüger aus dem Ensemble des Globe Berlin sowie die Musiker Heidi Johnsson und Ned Stuart Smith.

Gemeinsam wollen sie Lust machen auf das, was Theater ausmacht. Der letzte „Shakespeare im Park“-Termin geht quasi nahtlos über in die Premiere „Der Sturm“ am Landestheater; überhaupt wirbt die tog mit einem Kombi-Ticket für beide Inszenierungen. Der Idee, auch jenseits der jährlichen Festspielbühne mehr „nach draußen“ zu gehen, könnte das Projekt lebhafte Impulse geben. Geplant ist etwa auch ein Audio-Walk durch Neustrelitz, wie es für Neubrandenburg bereits einen gibt. Und ein schöner Park-Effekt wäre es doch, überlegt Joris Löschburg, wenn Spaziergänger künftig fast gewärtig wären, hinter jedem Baum und Strauch eine Figur der Weltliteratur zu vermuten.