StartseiteRegionalNeustrelitzIst die See-Bewachung in Neustrelitz längst überfällig?

Nach BGH-Urteil

Ist die See-Bewachung in Neustrelitz längst überfällig?

Neustrelitz / Lesedauer: 2 min

Noch immer wird in Neustrelitz über eine Aufsicht in Naturbädern mit Steganlagen diskutiert. Der plötzliche Aufschrei überrascht jedoch einige.
Veröffentlicht:28.01.2020, 07:11

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Während anderswo gar neue Stege gebaut werden, geht in Neustrelitz weiter die Angst vor Haftungsproblemen bei Unfällen in den Naturbädern um. In dem zuständigen Tourismusausschuss wurden zuletzt bereits mögliche Kosten im sechsstelligen Bereich für Rettungsschwimmer vorgerechnet, die an Seen mit Steganlagen im Stadtgebiet künftig Wache stehen könnten. Das sorgt vielerorts für Irritation.

Andreas Wellmann vom Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern e.V., der seine Mitglieder zu diesem Thema in Rechtsfragen berät, überrascht der plötzliche Aufschrei: „Das Thema Badestellen taucht immer wieder auf, obwohl in der Rechtsprechung sich dazu nichts Maßgebliches getan hat“, sagt Andreas Wellmann. Seit Jahrzehnten sei die Rechtslage unverändert. Denn öffentlich ausgewiesene Badestellen müssten seit jeher beaufsichtigt werden, wenn sie regelmäßig von vielen Gästen besucht werden.

„Immer der konkrete Einzelfall maßgeblich“

Entscheidend seien unter anderem die Hinweise an die Schwimmer: „Allein die Möglichkeit in einem Gewässer zu baden und auch die regelmäßige Nutzung bestimmter Zugänge zu einem Gewässer führen noch nicht zu einer Badestelle, da nach Landeswassergesetz das Baden Gemeingebrauch ist und deshalb jedermann Gewässer zum Baden nutzen darf, soweit dies nicht ausdrücklich verboten ist“, so Wellmann.

Ein Steg allein markiert aus dieser Sicht also noch keine Badestelle – eine entsprechende Beschilderung als solche allerdings schon. Dann muss ebenso auf Gefahren hingewiesen werden. „Liegt eine öffentliche Badestelle vor, trifft die Gemeinde auch eine Verkehrssicherungspflicht.“ Die sieht jedoch an jedem See anders aus: „Es ist aber immer der konkrete Einzelfall maßgeblich und auch die Gegebenheiten des Gewässers geben vor, welche Verkehrssicherungspflichten konkret bestehen können“, so Wellmann.

Auf Beweislastumkehr hingewiesen

Empfehlungen und Hinweise für Badegäste gibt es an den Seen mit Steganlagen in und um Neustrelitz zuhauf. Hätten die ausgeschilderten Badestellen in Klein Trebbow, Fürstensee oder Prälank also möglicherweise schon seit geraumer Zeit beaufsichtigt werden müssen?

Zumindest wird gegenwärtig der erhöhte Druck auf die Kommunen spürbar: Der Bürgermeister von Neustrelitz, Andreas Grund, wies erst auf den vergangenen Ausschusssitzungen auf die Beweislastumkehr hin. Sollte es zu einem Unfall kommen, müssten die Verantwortlichen ab sofort nachweisen, alle nötigen Vorkehrungen für die Sicherheit der Badegäste getroffen zu haben. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2017 – bei dem eine Gemeinde nach einem Unfall eine Strafe in Millionenhöhe aufgedrückt wurde – bezeichnete Grund deshalb jüngst als „Alptraumurteil“.