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Heimatgeschichte

Letzte Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz liebte ihren Mercedes

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Elisabeth von Mecklenburg-Strelitz stand auf Mercedes. Sie fuhr die Autos selbst und war Mitglied im Automobil-Club. Ihr teuerster Wagen kostete 325.000 Mark.
Veröffentlicht:13.04.2022, 15:04
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Mit Elisabeth starb am 20. Juli 1933 die letzte Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz. Noch einen Tag zuvor hatte sie im kornblumenblauen Kleid des Luisenbundes in Hohenzieritz des Todestages der großen Preußenkönigin aus dem Strelitzer Herzoghaus gedacht. Es dürfte die letzte Fahrt mit ihrem Mercedes-Benz W 08 gewesen sein. Sie hatte das Fahrzeug vom Typ 18/80 PS Nürburg 460, das erste Daimler-Benz-Fahrzeug mit Achtzylindermotor, im Juni 1929 in Berlin-Charlottenburg gekauft. Nach ihrem Tod bot ihr langjähriger Chauffeur Franz Ruf die Pullman-Limousine der Berliner Firma Gebrüder Wieczorek am Schiffbauerdamm für 2500 Mark zum Kauf an. Die Mercedes-Händler signalisierten Interesse, fanden aber den Preis zu hoch. In Berlin würden solche Modelle für 1000 bis 1300 Mark gehandelt.

Die Wieczoreks kauften den Mercedes am 8. November 1933 inklusive allen Zubehörs, Bereifung, Werkzeug und Ausrüstung. Ein oder zwei Tage später wurde er aus Neustrelitz abgeholt. Wenig später, am 13. Januar 1934, beschloss der 1911 gegründete Großherzoglich Mecklenburgische Automobil-Club (G.M.A.C.) seine Auflösung, um wie gefordert im neuen nationalsozialistischen Einheitsklub, dem Deutschen Automobilclub (DDAC), aufzugehen.

Großherzogin Elisabeth war nach dem Freitod ihres ältesten Sohnes Großherzog Adolf Friedrich VI. Ehrenmitglied im G.M.A.C. geworden, um dessen frei gewordenen Platz und Rolle einzunehmen. Letztere hatte ihr 1914 verstorbener Mann Adolf Friedrich V. 1912 mit der Übernahme der Schirmherrschaft zusammen mit dem Schweriner Großherzog Friedrich Franz IV begründet.

Allein das Fahrgestell kostete 11.000 Mark

Großherzogin Elisabeth war eine Freundin der Sternenflotte. Einige Jahre fuhr sie einen Mercedes 14/30, der eine Höchstgeschwindigkeit von 74 km/h erreichte und 19 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchte. Die von 1909 bis 1922 gebauten Fahrzeuge waren mit Holz- oder Drahtspeichenrädern und blattgefederten Starrachsen ausgestattet. Das Fahrgestell kostete 11.000 Mark. Elisabeth ließ ihr Auto 1925 in Berlin bei der Karosserie Alexis Kellner GmbH für 2565 Mark aufarbeiten. 1200 Mark kostete allein die Lackierung von Grund auf.

Die im Jahr 1910 gegründete Karosseriebaufirma galt als der Spezialist für die individuellen Karosseriewünsche der oberen Zehntausend. Im Januar 1922 war dort bereits die nach den Wünschen der Auftraggeberin gebaute Karosserie entstanden, bei der der Chauffeurssitz für mehr Beinfreiheit der ehemaligen Landesmutter etwas weiter nach vorne gerückt war. Ende Oktober 1921 hatte General a. D. Friedrich von Derschau, das Auto für 325.000 Mark bei der Nordischen Maschinen Gesellschaft m. b. H. Rostock, der Benz-Generalvertretung für Mecklenburg, bestellt. 180.000 Mark waren bei Order fällig. Fertig sein sollte es inklusive Karosse Anfang Februar 1922. Übergeben wurde das Auto aber erst Anfang Mai 1922.

Ein Jahr später versuchte Elisabeths preußischer Generalmajor a. D. Friedrich von Derschau, der sein Amt als Generalbevollmächtigter der ehemaligen Großherzogin Ende Januar 1919 angetreten hatte, das Vorgängermodell seiner Arbeitgeberin zu verkaufen, einen 25/65 Mercedes Phaeton. Er bot es für 18.000 Mark den Rostocker Mercedes-Händlern an und pokerte damit schließlich viel zu hoch.

Und dann wurde der Wagen auch noch beschlagnahmt

Der Vertreter schrieb ihm zwei Tage vor Weihnachten, dass er zwar wisse, dass sich der Wagen in vorzüglichem Zustand befinde, die veraltete Konstruktion des Chassis und der nicht mehr zeitgemäße Aufbau aber den Weiterverkauf erschwere. Er schätze, dass sich noch 6000 bis 7000 Mark erzielen ließen.

Im März 1920 half der Mercedes der Großherzogin, die Demokratie im jungen Freistaat Mecklenburg-Strelitz zu sichern. Als sich nämlich 40 Angehörige der Staatsgendarmerie, unterstützt von rund 60 bewaffneten Neustrelitzern, in den Abendstunden des 14. März am Schloss ein Feuergefecht mit ebenso vielen Soldaten und Zeitfreiwilligen lieferten, um den Sitz des frei gewählten Landtages zu verteidigen, gehörte der Mercedes der Großherzogin zu den von der Staatsgendarmerie beschlagnahmten Fahrzeugen. Alle Fahrzeugbesitzer wurden in den folgenden Monaten entschädigt. Acht Mark zahlte das Staatsministerium für jeden gefahrenen Kilometer. Die Großherzogin erhielt für 225 Kilometer 1800 Mark abzüglich 112 Mark für den Wagenführer Franz Ruf.