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Pegelstände sinken – Besorgte Gesichter bei Vortrag zum Wasser

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Wasser gibt es in der Region reichlich, möchte man meinen. Doch die jüngsten Dürresommer haben gezeigt, dass der Schein trügt.
Veröffentlicht:19.11.2022, 10:39

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Die neue Konkurrenz um Wasser – Fakten, Positionen, Handlungsmöglichkeiten – so hatte Petra Dobner ihren Vortrag am Donnerstagabend im Kulturquartier Neustrelitz überschrieben. Die Professorin und Lehrstuhlinhaberin an der Martin-Luther-Universität in Halle war auf Einladung des Jugendbeirats nach Neustrelitz gekommen. Es war nicht ihr erster Besuch. Die promovierte Philosophin und Politikwissenschaftlerin bewegt sich gerne auf dem Wasser und kennt die Mecklenburgische Seenplatte nach eigenem Bekunden auch aus der Sicht einer Wasserwanderin recht gut.

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Gut wird immer knapper

Mit Maude Barlow, der Trägerin des alternativen Nobelpreises und Begründerin der Blue Communities, war die Wissenschaftlerin im Frühjahr in Neustrelitz. Damals überreichte die kanadische Wasseraktivistin der Stadt das offizielle Zertifikat zur Blue Community, womit sich Neustrelitz zum sorgsamen Umgang mit dem Gemeingut Wasser bekannte. Ein Gut, das hierzulande vermeintlich im Überfluss da ist. Doch seit einigen Jahren ist nicht mehr zu übersehen, dass die Wasserpegel sinken. „Stellen, an denen ich vor fünf Jahren noch durchpaddeln konnte, sind jetzt unpassierbar“, sagte Petra Dobner. Ihre Beobachtungen wurden vom Publikum bestätigt. So verlören die Feldberger Seen dramatisch an Wasser, falle der Zierker See trocken, hieß es.

Die Folgen sind längst schon sichtbar

Seit 15 Jahren sammelt die Wissenschaftlerin Zahlen und Fakten zum Wasser, vergleicht und analysiert. In Neustrelitz ließ sie das Publikum an ihrer Spurensuche teilhaben. „Ich bin fasziniert, dass so viele hier sind“, bekannte sie. Offenbar hat das Thema Wasser den Sprung aus der Nische geschafft. „Wir sehen eine Trendwende zu der Grundaussage, dass wir genug Wasser haben“, sagt sie. Satellitenbilder zeigten, dass Deutschland jährlich 2,5 Kubikkilometer Süßwasser verliert. Die Gründe dafür seien noch nicht geklärt. Temperaturanstieg, Gletscherschmelze? Nur die Folgen sind nicht mehr zu übersehen: Die Bodenfeuchte nimmt ab, der Grundwasserspiegel sinkt. „Die gerichtlichen Auseinandersetzungen um die Verfügbarkeit von Wasser nehmen zu“, sagt die Wissenschaftlerin.

Wasser sparen?

Hilft es in dieser Situation, die Privathaushalte zum Wassersparen anzuhalten? „Ich glaube, nicht. Es wäre schön, wenn uns damit geholfen wäre“, sagte sie. Dieser Hebel lasse sich nicht unendlich ausreizen. Die Wahrheit ist, desto weniger Wasser von den Haushalten gezapft wird, desto mehr Eigenverbrauch haben die Versorger. „Die Leitungen müssen öfter gespült werden, um die Trinkwasserqualität zu erhalten“, macht sie deutlich. Seit 1991 sei der Wasserverbrauch des öffentlichen Sektors rückläufig. Man müsse das Augenmerk also auf den nicht öffentlichen Bereich lenken – die Industrie, der Bergbau, die Landwirtschaft und die Energieversorgung. Auf diesen Bereich fallen 80 Prozent der Wassernutzung, wobei ein Fünftel des entnommenen Wassers nicht in den Kreislauf zurückkehrt – in Konsumgütern „verschwindet“. Zukünftig müsse das Wasserhaushaltsgesetz angepasst werden, um den nicht öffentlichen Wasserverbrauch besser zu regulieren. „Der Gesetzgeber ging bisher davon aus, dass Wasser im Überfluss da ist. Das ändert sich gerade“, sagt Dobner.

Was können wir tun, war an diesem Abend die wohl am häufigsten gestellte Frage. „Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, bei der neue rechtliche Rahmen gesetzt, Prioritäten geklärt, Strategien entwickelt und Innovationen gefördert werden müssen“, sagte Dobner. Aber jeder Einzelne könne handeln statt zu warten. Zum Beispiel den Konsum ändern: weniger Fleisch essen, weniger Textilien kaufen, Wasser aus der Leitung statt aus Plastikflaschen trinken, Flächen entsiegeln, Dächer begrünen und mit anderem im Austausch über das Thema Wasser bleiben. Wie am Donnerstagabend im Kulturquartier. Der Jugendbeirat kündigte für den 15. Dezember eine weitere Veranstaltung zum Thema Wasser an.