StartseiteRegionalNeustrelitz▶ Schrille CSD-Parade in Neustrelitz mit ernster Botschaft

Vielfalt

▶ Schrille CSD-Parade in Neustrelitz mit ernster Botschaft

Neustrelitz / Lesedauer: 3 min

Hunderte marschierten am Samstag durch Neustrelitz, um ein Zeichen für mehr Vielfalt und Toleranz zu setzen – jeder auf seine ganz eigene Art.
Veröffentlicht:30.07.2022, 18:54

Artikel teilen:

Ob in quietschbuntem Dress, in eine Regenbogenfahne gehüllt, in Badehose oder einfach nur mit Tape auf den nackten Brüsten: Mit jeder Menge optischen Statements für mehr Vielfalt und Akzeptanz zogen am Samstag rund 500 Menschen auf der diesjährigen CSD-Parade bei bester Laune zu lauten rhythmischen Beats durch Neustrelitz.

Laut, schrill - aber auch eine Demonstration

Doch Party hin oder her: Mit ernsten Tönen wurde auf diesem Christopher Street Day der Region gerade beim Zwischenstopp auf dem Markt keinesfalls gespart: "Ja, es ist laut und manchmal auch schrill, aber vor allem auch eine Demonstration", sagte Julia Loest, Vorsitzende des veranstaltenden Vereins Queer-Strelitz. Schließlich marschiere man auch aus traurigen Gründen durch die Stadt: "Es ist nicht selbstverständlich auf der Welt, zu lieben, wie man möchte." Homosexuellen oder transsexuellen Menschen in der Ukraine drohen beispielsweise Folter unter russischer Besatzung. In 69 Staaten auf der Erde werde Homosexualität noch immer bestraft.

Loests Stellvertreter Christian Arnold Krüger wehrte sich gegen Behauptungen, es gebe für queere Menschen in Deutschland nichts mehr zu erkämpfen, weil sie schon alle Rechte hätten. Die Präsenz der Community falle nur deshalb so auf, weil sie Jahrzehnte lang unterdrückt wurde. Aus diesem Grund sei die Demonstration immer noch von Bedeutung. "Das ist richtig und wichtig und nicht störend."

Witt: "Ihr macht unsere Städte bunter, offener und besser"

Krüger appellierte an die Gäste, bei Problemen oder Anfeindungen unbedingt Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ansprechpartner würden etwa an diesem Tag auf dem Schlossberg bereitstehen. Attacken aus Hass auf Menschen anderer sexueller Orientierung müssten immer zur Anzeige gebracht werden.

"Ihr macht unsere Städte bunter, offener und besser", sagte Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt, der mit Cap und schwarzem T-Shirt ans Mikro trat - und auch für den Neustrelitzer Bürgermeister Andreas Grund sprach, der an diesem Tag nicht da sein konnte. Die Regenbogenflagge dürfe etwa nur an den Rathäusern hängen, weil so hart dafür gekämpft wurde. Witt äußerte sich stolz darüber, dass Neustrelitz genauso wie Neubrandenburg eine der ganz wenigen Städte in Deutschland seien, in denen ein Christopher Street Day gefeiert wird.

QueerNB: Beratungsstellen besser ausstatten!

Marcel Spittel, Vorsitzender des Vereins QueerNB, kritisierte, dass öffentliche Beratungsstellen noch immer finanziell viel zu schlecht ausgestattet sind. Es müsse endlich mehr für das alltägliche Leben von queeren Menschen getan werden, anstatt ihnen nur eine jährliche Demonstration zu gestatten. Das sei aber immerhin eine Errungenschaft. Die Polizei werde schließlich nur dafür gebraucht, den Verkehr abzusichern und nicht Horden von Neonazis abzuwehren. Das sei in anderen Ländern nicht selbstverständlich.

Wie die Polizei dem Nordkurier am Nachmittag mitteilte, sei die Demonstration bis dahin friedlich abgelaufen. Die Beamten hätten nicht einschreiten müssen. Es herrschte allerdings auch ein Alkoholverbot - woran sich auch augenscheinlich die meisten hielten - bis zum Ziel auf dem Neustrelitzer Schlossberg. Dort soll noch bis in die Nacht zu Sounds von der Band "Die Gabys" und DJ Axel Prokof gefeiert werden.