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Streik bei Remondis

Warum in der Seenplatte einige Mülltonnen erst mal voll bleiben

Neustrelitz / Lesedauer: 4 min

Am Dienstag traten Mitarbeiter von Remondis in den Streik. Aber gerade in der Region kann eine Entsorgung eigentlich nicht lange aufgeschoben werden.
Veröffentlicht:27.05.2020, 05:38

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Einige Mülltonnen im Landkreis dürften schon bald überquellen. Denn die Wagen vom Entsorgungsunternehmen Remondis Seenplatte Logistik GmbH blieben am Dienstag auf ihren Höfen in Möllenhagen, Neustrelitz und Malchin rigoros stehen. Mahnwachen an den einzelnen Standorten schickten auch die letzten, pflichtbewussten Mitarbeiter in den frühen Morgenstunden in den Streik.

Vier Tage hatte die Gewerkschaft Verdi der Remondis-Geschäftsführung nach dem Scheitern der Verhandlungen Zeit gegeben, ihren Forderungen nach mehr Geld für die Mitarbeiter nachzukommen – bislang ohne Ergebnis: „Ich habe noch keinen Anruf bekommen“, so Verdi-Verhandlungsführer Mathias Bialuch am Dienstagvormittag. Fast alle 155 Mitarbeiter hätten sich schon am ersten Streiktag an dem Aufbegehren beteiligt – von den Fahrern bis zu den Büroangestellten. Nur ein Müllwagen ist laut Bialuch gegen die Vorgaben der Gewerkschaft in Möllenhagen vom Hof gefahren. In den kommenden Tagen wird der Streik wohl fortgesetzt: „Es bleibt uns nicht anderes übrig“, sagte Bialuch, „vor allem, wenn man sich anschaut, was die Kollegen verdienen.“

Kein Gehalt wie im öffentlichen Dienst

Denn ein Müllfahrer von Remondis Seenplatte Logistik bekommt nach Gewerkschaftsangaben nach sechs Jahren im Betrieb nur 11 Euro die Stunde – weitaus weniger als in anderen Betrieben mit Tariflohn in Mecklenburg-Vorpommern. Neueinsteiger kriegen den Angaben zufolge sogar nur 10,28 Euro. „Diesen Zustand in Verhandlungen immer wieder mit dem Standort Mecklenburg-Vorpommern und den eventuellen Auswirkungen der Corona-Krise begründen, hilft den Beschäftigten auch nicht dabei, den nächsten Einkauf zu bezahlen“, so Mathias Bialuch.

Besonders aufwühlend für die Mitarbeiter: Selbst bei der Remondis-Entsorgung in Neubrandenburg erhalten die Angestellten laut Verdi mehr Geld (13,51 Euro nach 6 Jahren) als in dem betroffenen Tochterunternehmen Remondis Seenplatte Logistik, das unter anderem schwarze, gelbe und blaue Tonnen, Fäkalien sowie Sperrmüll in Neustrelitz, Wesenberg, Mirow, Rechlin, Röbel, Feldberger Seenlandschaft, Waren, Malchow, Penzlin, Stavenhagen, Altentreptow, Demmin und Malchin abholt. Oft wird den Mitarbeitern laut Bialuch unterstellt, sie arbeiten für ein Gehalt wie im öffentlichen Dienst: „Dies ist bei Weitem nicht so“, sagte Mathias Bialuch.

Umweltamt vom Streik in Kenntnis gesetzt

Nach der vierten Runde waren die Tarifverhandlungen in der vergangenen Woche gescheitert. Denn die Unternehmensspitze von Remondis hatte lediglich eine Lohnsteigerung von 1,2 Prozent bei 36 Monaten Laufzeit angeboten. Die Verdi-Tarifkommission hatte jedoch eisern 14 Euro pro Stunde für erfahrene Fahrer gefordert. „Wer sich selber als Marktführer der Entsorgungsbranche bezeichnet, darf bei der Bezahlung seiner Beschäftigten nicht das Schlusslicht in der Branche in MV werden“, sagte Bialuch.

Remondis-Sprecher Michael Schneider bezeichnete die Forderungen von Verdi angesichts der fortlaufenden Krise als „abenteuerlich“. Für das Unternehmen bedeute die Bezahlung nach Vorstellungen der Gewerkschaft zusätzliche Personalkosten von 1,2 Millionen Euro. Die Auftragssituation des Unternehmens werde sich aber in der nächsten Zeit keinesfalls verbessern.

Bürger sollen Tonnen zum Leeren stehen lassen

Dennoch müssen sich aus Unternehmenssicht beide Parteien schnell einigen. Gerade in der Region – in der es zahlreiche Fäkalgruben gibt – könne eine Entsorgung nicht lange aufgeschoben werden. Aus diesem Grund wolle die Geschäftsführung möglichst bald wieder an den Verhandlungstisch treten. Mit welchen Maßnahmen die Unternehmensführung auf den Streik reagiert, konnte allerdings am Dienstagmittag noch nicht mitgeteilt werden.

Die kommunale Abfallwirtschaft im Umweltamt des Landkreises wurde unterdessen von dem Streik in Kenntnis gesetzt. Dort hält sich zumindest die Hoffnung auf andere Abholwege: „Es werden trotzdem Mülltonnen im Laufe der nächsten Tage geleert. Deshalb bitten wir die Bürgerinnen und Bürger, die Tonnen zum Leeren stehen zu lassen, auch wenn sich noch nicht sagen lässt, wann der Inhalt entsorgt wird“, versicherte Dezernent Torsten Fritz aus der Kreisverwaltung. Sollte die Gewerkschaft sich durchsetzen, könnten die Müllpreise deutlich teurer werden. Denn nach Einschätzung von Fritz wird sich eine mögliche Erhöhung der Gehälter auch auf die Abfall-Gebühren auswirken. Eine Hochrechnung liege jedoch noch nicht vor.