Mitten im Westen
„Wir sind das Volk”-Demo für Corona-Anwältin
Heidelberg / Lesedauer: 3 min

Simone Schamann
Bereits am Mittwoch hatte eine Sprecherin der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums Heidelberg auf Medienanfragen bestätigt, dass Beate Bahner nicht mehr stationär Patientin der Einrichtung ist. Um 13 Uhr war die an den Tagen zuvor als „Corona-Anwältin” bekannt gewordene Juristin dann vor dem Polizeipräsidium Heidelberg zu einer Anhörung erschienen.
„Wir sind das Volk”-Protest im Westen
Auf dem Vorplatz der Behörde wurde Beate Bahner, die Ostersonntag von Polizisten in die Psychiatrie gebracht worden war, von rund 200 Menschen, die sie und ihre Mission unterstützen und Medienvertretern empfangen. Medizinrechtlerin Bahner hatte im Vorfeld ihrer Einweisung vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen die ihrer Meinung nach massiven Einschränkungen der Grundrechte durch die Corona-Erlässe in ganz Deutschland (Ausgangsbeschränkungen, Versammlungsverbot, Reiseverbot) eingereicht. Die Klage war abgewiesen worden, Bahner hatte als Reaktion zwei empört-sarkastische Texte auf ihrer Homepage veröffentlicht und war kurz darauf nach einigem Wirrwarr in der Psychiatrie gelandet.
Viele von Bahners Unterstützern vor dem Heidelberger Polizeipräsidium hatten am Mittwoch Protestschilder für mehr Demokratie dabei, „Wir sind das Volk”- Sprechchöre ertönten. Und das in Heidelberg, ganz tief im Westen! Bahner ließ sich vor ihrer Anhörung kurz feiern, machte eine selbstbewussten Eindruck.
Sprach Bahner bewusst in Rätseln?
Kopfverletzungen, von denen sie kurz nach ihrer Einweisung in einer im Netz kursierenden, nicht verifizierten Audiodatei berichtet und die ihr angeblich Polizisten zugefügt hatten, waren auf Videos von der Veranstaltung nicht zu erkennen. Nach ihrer rund halbstündigen Vernehmung kehrte Bahner zurück und hielt eine Ansprache, die viele Anwesenden verwirrt zurückließ. Sehr freundlich und in bester Laune, die man auch als Sarkasmus interpretieren könnte, stellte sie klar, dass die ganze Aufruhr um ihre Person nur ein Missverständnis gewesen sei.
„Ich bin mit dem Fahrrad gestürzt”
Sie bereue den Gesetzesbruch, den sie unter anderem mit dem Aufruf zu einer bundesweiten Demonstration begangen hätte. Bahner sei zuvor verreist gewesen („in Berlin ich war in der Oper, im Museum, in Paris im Louvre”) und habe vom Infektionsschutzgesetz deshalb leider nichts mitbekommen. Am Ostersonntag, kurz vor ihrer Einweisung durch Polizeibeamte, habe sie mit Freunden auf den Neckarwiesen („es war so voll, wir haben fast keinen Platz bekommen”) zu viel Alkohol getrunken und sei mit dem Fahrrad gestürzt. Deshalb sei sie verwirrt und verletzt gewesen. Man solle nicht glauben, was in der „rechten Lügenpresse” über angebliche Misshandlungen durch die Polizei gestanden habe.
Bahner trug ihr Pamphlet vor
Die Polizei ließ die unangemeldete Kundgebung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gewähren, obwohl der Abstand von 1,5 Metern fast nirgends eingehalten wurde. Zum Abschluss der Veranstaltung hatte Bahner ihre umstrittene, Corona-kritische Erklärung zum persönlichen Shutdown, die sie am Osterwochenende auf ihrer Homepage veröffentlicht hatte, noch mal in voller Länge vorgetragen. Bei alledem ließ sie sich bereitwillig filmen.
Bisher gibt es keine Ermittlungen gegen die Polizei wegen Bahners Misshandlungsvorwürfen aus dem Audio-Mitschnitt. „Es liegt keine Strafanzeige von Frau Bahner vor”, sagte Polizeisprecher Norbert Schätzle auf Medienanfragen. Dafür ermittelt die Polizei gegen Bahner jetzt aber wegen „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte”. Anlass ist das angeblich rabiate Verhalten Bahners am Ostersonntagabend.