Konzert-Video
Fans empört – „Die Ärzte‟ machen Witze über K.o.-Tropfen und Vergewaltigung
Berlin / Lesedauer: 5 min

- Philippe Debionne
Die Berliner Punkband „Die Ärzte“ steht massiv in der Kritik. Grund ist ein Videoschnipsel, der offenbar ein Konzert der drei Musiker Farin Urlaub, Bela B und Rodrigo González vor drei Tagen in Luxemburg zeigt.
Darin machen Sänger und Schlagzeuger Witze über K.o.-Tropfen in Verbindung mit Sex. Zunächst singen sie ein Lied, in dem es heißt: „Farin, ich will Dich ficken. Wenn Du nein sagst, das ist keine Option. Trink von diesem Glas.“ Zuerst berichtete die Frankfurter Allgemeine (FAZ) darüber.
An anderer Stelle sagt Farin Urlaub, dass „meine K.o.-Tropfen homöopathisch sind.“ Bela B. sagt: „Am nächsten Morgen wachte ich auf und dachte ,Ballaballa’". Das sei „viel schlimmer als blaue Flecken." Farin Urlaub ergänzt feixend, sein Bett sei „total verklebt" gewesen.
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Der Grünen-Politiker Benjamin Bauer, der im Stadtrat von Karlsruhe sitzt, hat ein Video bei Twitter veröffentlicht, das offenbar von dem Konzert stammt und auf dem die umstrittenen Aussagen zu hören sind. Er schreibt dazu: „Wie DieÄrzte auf die Vorwürfe gegen Rammstein reagieren (& nebenbei queerfeindliche Narrative bedienen), macht mich sprachlos. Das hätte ich ihnen nicht zugetraut – vermutlich naiv. Die Band muss hier reagieren oder kann zusammen mit Rammstein in die Tonne.“
„Guter Sex ist, wenn sie sich wehren‟
In einem weiteren Post des Politikers ist ein anderer Ausschnitt des Konzerts zu sehen. Auch hier sei „das Feixen um sexualisierte Gewalt und KO-Tropfen (...) ganz deutlich und abscheulich.“ In dem Ausschnitt ist zu hören und zu sehen, wie Farin Urlaub sagt: „Es ist nicht cool. Wenn ihr denkt, dass das guter Sex ist, dann kauft euch ne Gummipuppe.“ Und dann: „Guter Sex ist, wenn sie sich wehren“. Dann beeilt sich der Sänger zu sagen: „Das war nur Spaß, ein schlechter Witz“.
Bela witzelt schließlich weiter, dass Schnarchen als Zustimmung zu sexuellen Handlungen zählen würde. Und sagt dann: „Alter, wir kriegen so aufs Maul, wenn wir Lindemann treffen.“ Nach lauten Lachern aus dem Publikum Farin Urlaub aber auch: „Also, fassen wir zusammen: Sex nur, wenn beide Seiten darauf Lust haben.“
„Wie absolut widerlich kann man sein?“
Die Reaktionen auf das Konzert und die Videos im Netz sind gespalten. Viele Menschen finden, dass die Ärzte, die für ihre provokante Art bekannt sind, hier zu weit gegangen sind. So schreibt eine Userin: „Wie absolut widerlich kann man sein? Bin seit Jahrzehnten Fan, aber ich werde mir gut überlegen, ob ich das in Zukunft noch sein werde.“
An anderer Stelle heißt es: „Das hätte ich nie gedacht von den Ärzten! Was soll der Scheiß?“ Oder auch: „Lass Witze über KO Tropfen reißen ist definitiv die dümmste mögliche Reaktion. Entweder KLAR mit den Opfern solidarisieren oder eben zumindest die Fresse halten.“
Ein User schreibt: „Ernsthaftes Statement dazu wäre okay gewesen. Es gibt keine 'Witze' über Vergewaltigung oder K.O. Tropfen. Das ist auch von den Ärzten nicht in Ordnung. Das hat nichts aber auch gar nichts mit Humor zu tun.“ Andere Nutzer berichten allerdings, dass es diseses ernsthafte Statement auf dem Ärzte-Konzert in Luxemburg durchaus gegeben habe - nur eben, ohne dass ein Video davon ins Netz geraten sei.
Ein weiterer User hingegen verteidigt die Band so: „Also finde es sehr schade das man die Ärzte mit Rammstein in einen Topf wirft, denn jede Person die jemals auf ein Konzert von den Ärzten war weiß, das die sich sarkastisch über solche Themen lustig machen und diese Themen mehr als nur ernst nehmen. Daher verurteilt nicht vorschnell.“
Lieder über Sex mit Tieren oder Geschwistern
Und an anderer Stelle heißt es ebenfalls: „Bzgl. der Opfer hätte man sich da sicher zurückhalten sollen, klar - aber keinesfalls sollte man nun Ärzte und Rammstein in einen Topf werfen.“

Während die Ärzte in ihren jüngeren Jahren oft provozierten und mit Liedern wie „Claudia“ (geht um Sex mit Tieren), „Geschwisterliebe" (geht um Sex unter Geschwistern) oder auch „Elke“ (geht um Sex mit Übergewichtigen) für Skandale sorgten, wurden sie in den letzten Jahren ruhiger, distanzierten sich zuletzt sogar von dem Song „Elke. Darin hatte es etwa geheißen: „Sie hat zentnerschwere Schenkel, sie ist unendlich fett. Neulich hab' ich sie bestiegen ohne Sauerstoffgerät“ oder auch „Ich nannte sie mein Nilpferd, natürlich nur im Scherz. Doch ich brach' damit ihr dickes, fettes Herz‟.
Weil der Song „fatshaming und misogyn‟ sei, habe man sich entschieden, das Lied nicht mehr zu spielen, hatte Sänger Farin Urlaub im vergangenen Sommer mitgeteilt.
Darauf bezieht sich auch einer der Kommentare in der aktuellen Diskussion um wegen der K.o.-Tropfen-Witze. Er schreibt: „Sie (die Ärzte, Anm. d. Red) haben ja auch entschieden, Elke nicht mehr live zu spielen. Vor dem Hintergrund hatte ich da mehr erwartet.“