So kam es zu den Todesfällen beim Kapitol-Sturm
Washington / Lesedauer: 5 min

Bei den Ausschreitungen von Anhängern des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump am US-Kapitol am Mittwoch starben nach Angaben der Polizei vier Menschen. Mittlerweile auch ein Kapitol-Polizist seinen schweren Verletzungen erlegen.
Eine Frau war im Kongressgebäude von einem Polizisten angeschossen worden und später im Krankenhaus gestorben, hatte der Chef der Polizei in der US-Hauptstadt, Robert Contee, nach den Unruhen berichtet. „Darüber hinaus wurden heute drei weitere Todesfälle aus der Umgebung des Kapitols gemeldet. Eine erwachsene Frau und zwei erwachsene Männer scheinen an unterschiedlichen medizinischen Notfällen gelitten zu haben, die zu ihrem Tod führten”, hieß es. Unklar war bislang, um welche medizinischen Notfälle es sich handelte.
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Bei den vier toten Trump-Anhängern handelt es sich um Ashli Babbitt aus San Diego, Benjamin Phillips (50) aus Schuylkill County, Kevin Greeson (55) aus Athens, und Rosanne Boyland (34) aus Kennesaw, berichtet die Zeitschrift Forbes.
Veteranin der US Air Force und QAnon-Anhängerin
Das Video vom tödlichen Schuss auf Babbitt machte bereits im Internet die Runde, als der Trump-Mob sich noch im Kapitol befand. Sie war Veteranin der US Air Force und in 14 Jahren viermal zu Einsätzen im Ausland, wie ihr Mann dem US-Sender „KUSI-TV” sagte. In den Sozialen Medien posierte sie als glühende Trump-Anhängerin mit „Make America Great Again”-Kappe.
Babbitt war offenbar auch Anhängerin von „QAnon ". Jünger der Verschwörungsideologie glauben unter anderem, dass die sogenannten Eliten global organisierten Kindermissbrauch betreiben, das Blut misshandelter Kinder konsumieren – und dass Trump diesem angeblichen Treiben ein Ende setzen, „Dunkelheit zu Licht”, wie es in diesem Kreisen heißt, machen würde. John F. Kennedy Jr. sei in Wirklichkeit gar nicht tot und würde Trump im Geheimen unterstützen, ist man überzeugt. Auf Twitter retweetete Babbitt immer QAnon-Anhänger wie den Anwalt Lin Wood, auch die These, dass John F. Kennedy noch am Leben sei, teilte sie mit ihren Followern.
Programmierer und Gründer einer Trump-Fanseite
Ein weiteres Todesopfer der Unruhen, Benjamin Phillips, arbeitete als Programmierer. Er hatte einen Bus von Pennsylvania nach Washington organisiert. Laut US-Magazin Forbes ist er an einem Herzinfarkt gestorben. Philips gründete und führte die Website „Trumparoo”, auf der sich Trump-Anhänger austauschen konnten. Auf der Seite hieß es unter anderem, dass „Demokraten der widerlichste Abschaum seien, der jemals existiert” habe. Auf einem Bild, gepostet am 12. November, wird Trump als Jäger dargestellt. Hinter ihm hängen die Köpfe von Joe Biden, Kamala Harris und Nancy Pelosi. Die Webseite ist mittlerweile offline.
„Da meine Kinder trauern und die gestrigen schockierenden Ereignisse verarbeiten, bitte ich respektvoll um Privatsphäre”, sagte Nicole Mun, Phillips Ex-Frau, am Donnerstag laut US-Medien.
Waffennarr und "wundervoller Vater"
Kevin Greeson wohnte im Bundesstaat Alabama. Auch er soll an einem Herzinfarkt gestorben sein. Laut Investigativ-Reporter Connor Sheets von den Birmingham News posierte Greeson auf der Social-Media-Plattform Parler gern mit Waffen. Auf seinem Twitterprofil soll er die rechtsextreme und gewaltverherrlichende Organisation „Proud Boys” angefeuert („Hell yes ... Proud Boys!!!!”) und der Demokratin Nancy Pelosi, der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, den Tod gewünscht haben. Laut Sheets postete er immer wieder die Aufforderung, dass er und die anderen Trump-Anhänger sich bewaffnet das Land „zurückholen” sollten.
Greesons Familie veröffentlichte am Donnerstag ein Statement, in dem es unter anderem hieß: „Kevin war ein wundervoller Vater und Ehemann, der das Leben liebte.” Er sei nicht in Washington gewesen, um „an Gewalt oder Randale” teilzunehmen, noch habe er solche Taten geduldet. Er habe wegen seines hohen Blutdrucks und der Aufregung einen Herzinfarkt erlitten. „Unsere Familie ist am Boden zerstört.”
Tragisch: Einer der beiden verstorbenen Männer, Greeson oder Phillip, soll sich laut US-Sender Revolt.tv aus Versehen mit seinem eigenen Taser geschockt und dadurch den Herzinfarkt erlitten haben. Unklar ist bislang, wer von beiden es gewesen ist.
Totgetrampelt - hat Trump Schuld?
Das zweite weibliche Todesopfer, Rosanne Boyland, wohnte im Bundesstaat Georgia. Sie soll im Kapitol von der Menge totgetrampelt worden sein, sagte ihre Familie der britischen „Daily Mail“. Boylands Angehörigen seien „am Boden zerstört”. Der Schwager der Toten, Justin Cave, gibt Trump die Schuld für ihren Tod. „Ich persönlich denke, dass der Präsident die Krawalle angestiftet hat, die vier seiner größten Fans das Leben gekostet hat.
Polizist mit Feuerlöscher am Kopf getroffen
CNN berichtete am Freitag, dass auch der Polizist Brian D. Sicknick, der beim Einsatz am Kapitol verletzt wurde, Donnerstagabend verstorben sei. „Officer Sicknick hat auf die Krawalle am Mittwoch, den 6. Januar 2021, am US-Kapitol reagiert und ist verletzt worden, während er sich körperlich mit den Protestierenden auseinandergesetzt hat.” Er sei ins Büro zurückgekehrt, dort zusammengebrochen und im Krankenhaus sei er seinen Verletzungen erlegen.
Sicknick arbeitete seit 2008 bei der Kapitol-Polizei (USCP). „Die ganze USCP Abteilung drückt ihr tiefes Mitgefühl für den Verlust von Officer Sicknicks Familie und Freunden aus, und trauert um den Verlust eines Freundes und Kollegen”, zitierte CNN seine Kollegen. Laut der New York Times soll Sicknick mit einem Feuerlöscher am Kopf getroffen worden sein, anschließend musste er im Krankenhaus künstlich am Leben erhalten werden.
13 weitere verletzte Polizisten, zwei Rohrbomben und Molotow-Cocktails gefunden
Polizei-Chef Robert Contee sagte, bei den Zusammenstößen seien mindestens 14 Polizisten verletzt worden, zwei davon schwer. Einer von ihnen ist der mittlerweile verstorbene Sicknick. Der andere Schwerverletzte sei von Demonstranten in die Menge gezogen und dort angegriffen worden.
Im Zusammenhang mit den Unruhen seien außerdem zwei Rohrbomben gefunden worden, so Contee, in einem Fahrzeug hätte die Beamten auch Molotow-Cocktails entdeckt. Am Abend der Unruhen habe die Polizei insgesamt 52 Personen festgenommen, vier wegen verbotenem Waffenbesitz und 47 wegen Verstoßes gegen die nächtliche Ausgangssperre, die um 18.00 Uhr (Ortszeit) in Kraft trat. Die Hälfte dieser Festnahmen seien auf dem Gelände des Kapitols erfolgt.