Bluttat
Todesschütze von Hanau war Bundesanwaltschaft bekannt
Berlin / Lesedauer: 2 min

Andreas Becker
Generalbundesanwalt Peter Frank hat am Freitag eingeräumt, dass die Bundesanwaltschaft schon im vergangenen November Kontakt mit dem mutmaßlichen Attentäter von Hanau hatte. Damals sei bei seiner Behörde eine Anzeige des Mannes eingegangen. Er habe darin Strafanzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation gestellt und darin zum Ausdruck gebracht, dass es eine übergreifende große Organisation gebe, die vieles beherrsche, „sich in die Gehirne der Menschen einklinkt und dort bestimmte Dinge dann abgreift, um dann das Weltgeschehen zu steuern”. In der Anzeige waren nach Franks Angaben keine rechtsextremistischen oder rassistischen Ausführungen enthalten.
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Kritische Fragen an Polizei und Generalstaatsanwaltschaft
Auch der Vater des mutmaßlichen Täters sei in der Vergangenheit im Kontakt mit Behörden aufgefallen, durch verschiedene Schreiben wie Beschwerden. Der Mann sei bei der „Wohnungsöffnung” des mutmaßlichen Täters in der Nacht zum Donnerstag angetroffen worden. Er sei aber kein Beschuldigter des Ermittlungsverfahrens, sondern im Zeugenstatus.
Hinsichtlich der Kontakte von Tobias Rathjen zu Ermittlungsbehörden hatte es bereits wenige Stunden nach der Bluttat von Hanau kritische Fragen in Richtung Polizei und Generalstaatsanwaltschaft gegeben.
Grundtenor: Hätten die Behörden den mutmaßlichen Todesschützen Tobias Rathjen nicht schon früher auf dem Schirm haben können und sollen? Laut seinem kruden „Manifest“ und Medienberichten soll Rathjen als Sportschütze Zugang zu Waffen gehabt haben. Gleichzeitig behauptet der 43-Jährige in seinem 24-seitigen Schreiben, dass er mehrmals bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft Hanau und beim Generalbundesanwalt Anzeigen wegen illegaler Überwachung seiner Person durch einen Geheimdienst gestellt habe. Waffenbesitz auf der einen und offensichtlicher Verfolgungswahn auf der anderen Seite – hätten die Behörden da nicht hellhörig werden müssen? Hätten sie Rathjen im Blick haben müssen?
Rathjen fühlte sich von Geheimdiensten überwacht
Bereits im Januar 2002 will der Todesschütze eigenen Angaben zufolge erstmals zur Polizei gegangen sein, um illegale Überwachung anzuzeigen. Ergebnislos, wie er in seinem Manifest behauptet. Gut zwei Jahre später, im Herbst 2004, sei er nach seinen eigenen Worten wegen seiner vermeintlichen Überwachung bei einer Polizeidienststelle erneut abgewiesen worden. Und im vergangenen Jahr – das hat Peter Frank jetzt bestätigt – hat er sich an den Generalbundesanwalt wegen der angeblichen Überwachung gewandt. Als all diese Versuche, Ermittler auf seine Situation aufmerksam zu machen, nicht gefruchtet hätten, habe er laut seines Manifestes mehrere Privatermittler kontaktiert – doch auch die hätten ihm nicht helfen können.