Terror-Verdacht
Was über den Hanau-Schützen bekannt ist
Hanau / Lesedauer: 4 min

Bei einer Gewalttat im hessischen Hanau hat ein Mann zehn Menschen getötet. Stunden nach dem Verbrechen an zwei unterschiedlichen Tatorten mit neun Toten entdeckte die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen in seiner Wohnung in Hanau – dort fanden Spezialkräfte noch eine weitere tote Person. Insgesamt kamen damit elf Menschen am Mittwochabend und in der Nacht zum Donnerstag ums Leben.
Wenige Tage vor dem Verbrechen hatte der mutmaßliche Täter Tobias R. nach Informationen aus Sicherheitskreisen ein Video bei Youtube veröffentlicht. In diesem Video spricht der Mann in fließendem Englisch von einer „persönlichen Botschaft an alle Amerikaner”. Der Clip, der am Donnerstagmorgen weiter im Internet zu sehen war, wurde offensichtlich in einer Privatwohnung aufgenommen, ins Netz gestellt wurde er vor wenigen Tagen. Er wendet sich darin „an das amerikanische Volk”.
Polizei hält sich zunächst bedeckt
Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei Tobias R. um den mutmaßlichen Schützen in Hanau handelt. Die Polizei bestätigte dies zunächst nicht. Sie verwiesen auf die laufenden Ermittlungen. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt nach der Gewalttat in Hanau laut dem hessischen Innenminister Peter Beuth wegen Terrorverdachts. Nach jetzigen Erkenntnissen sei ein fremdenfeindliches Motiv durchaus gegeben, sagte Beuth (CDU) am Donnerstag. Beuth bestätigte, dass es sich bei dem Schützen um den 43-jährigen aus Hanau handeln soll. Er sei ebenso wie seine 72 Jahre alte Mutter tot in seiner Wohnung gefunden worden. "Beide wiesen Schussverletzungen auf, die Tatwaffe wurde bei dem mutmaßlichen Täter gefunden."
Unter seinem Video verwies Tobias R. auf seine eigene Internet-Seite. Dort war auch ein Schreiben, gerichtet an Deutsche, im Umfang von 24 Seiten hinterlegt, das dem Nordkurier vorliegt. R. ist demnach 43 Jahre alt, wurde in Hanau geboren und ist gelernter Bankkaufmann, beziehungsweise hat er Betriebswirtschaft studiert. Er sprach ruhig und strukturiert in seinen Videos, berichtete aber über Verschwörungstheorien und eine Überwachung seiner Gedanken durch Geheimdienste. Unter den Todesopfern von Hanau sind nach ersten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden viele Menschen mit Migrationshintergrund.
Klar rassistisches Gedankengut
In seinem Schreiben teilte R. klar rassistische Gedanken mit. Für ihn gebe es Personen aus seinem eigenen Land, die dazu beigetragen hätten, dass nun „Volksgruppen, Rassen und Kulturen in unserer Mitte leben, die in jeglicher Hinsicht destruktiv sind”. Da eine komplette Ausweisung aus Deutschland nicht möglich und die Existenz solcher Volksgruppen „ein grundsätzlicher Fehler” sei, müssten sie vernichtet werden, schrieb der 43-Jährige. Es folgte eine lange Liste an Ländern, deren Bevölkerung er meint, meist arabischstämmige. Das wäre nur eine "Grob-Säuberung", es gebe aber auch Menschen mit deutschem Pass, die weder reinrassig noch wertvoll seien. R. könnte sich eine Halbierung der Bevölkerung vorstellen. "Wenn ein Knopf zur Verfügung steht, dies Wirklichkeit werden zu lassen, würde ich diesen sofort drücken, so schnell das man gar nicht schauen könnte", schreibt er.
R. gab sich überzeugt, dass Geheimdienste sich in sein Gehirn einklinken und er sowie die Hollywood-Filmindustrie überwacht werden. Auch gebe es etliche Ereignisse, "die Weltgeschichte geschrieben haben" und die auf seinen Willen zurückzuführen seien. Auch schreibt er über "Zeitschleifen", in die Menschen fliegen sollten. „Aus all den genannten Gründen blieb mir also nichts anderes übrig, so zu handeln, wie ich es getan habe, um die notwendige Aufmerksamkeit zu erlangen.”
"Besonders hohe Ansprüche" an Frauen
Der mutmaßliche Täter schreibt in seinem Manifest auch über sein Verhältnis zu Frauen. Da er „besonders hohe Ansprüche“ habe, habe er nie eine feste Beziehung geführt. Oder wie er es sagt: „Allerdings kam ein Kompromiss, den ich mit Sicherheit hätte öfters schließen können, nämlich eine weniger gut aussehende Frau zu nehmen, mit der ich mich irgendwie verstand, nicht in Frage – ich wollte das Beste haben oder gar nichts.“
Seine Probleme erklärte er sich mit Wahnvorstellungen
Während seines BWL-Studiums habe er etwa eine Studentin kennen gelernt. Schnell habe er gemerkt, dass ihn deren Eltern überwachen ließen. Erst später habe er gemerkt, dass er bereits sein ganzes Leben überwacht worden sei. Die Ablehnung durch Frauen ist ein zentrales Motiv im Manifest des mutmaßlichen Täters.