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Jeder 3. durchgefallen

Abitur-Skandal an Pasewalker Gymnasium soll Konsequenzen haben

Pasewalk / Lesedauer: 3 min

Nur 40 von 60 Schülern haben in Pasewalk das Abitur geschafft – macht eine Durchfallquote von 33 Prozent. Was ging da schief? Die Politik fordert jedenfalls Konsequenzen.
Veröffentlicht:06.07.2019, 10:03

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Am Oskar-Picht-Gymnasium in Pasewalk ist ein Drittel des Abitur-Jahrgangs 2019 durchgefallen. Statt der Hochschulreife erhalten die betreffenden Schüler ein Zeugnis über den theoretischen Teil der Fachhochschulreife. Im Vergleich ist diese Durchfallquote exorbitant: Nach Auskunft des Bildungsministeriums fallen sonst nämlich durchschnittlich nur 6,5 Prozent. „Vergleichbare Fälle sind der Schulaufsicht derzeit nicht bekannt“, hieß es.

„Man kann es Katastrophe nennen“, urteilte indes die Fraktionschefin der Linken im Landtag, Simone Oldenburg. Wie sie fordern auch die Bildungspolitiker der beiden anderen Oppositionsparteien, AfD und Freie Wähler/BMV, den Fall extern zu überprüfen.

Schlechtes Schulklima, mangelnde Förderung?

Während andernorts seit mittlerweile einer Woche Ferienruhe herrscht, brodelt in Pasewalk der Unmut – zumindest bei Schülern und Eltern. Die Schulleiterin verweigert sich den Fragen des Nordkurier. Auf der Internetseite wird die „die gymnasiale Ausbildung unseres traditionsreichen Hauses“ seit 1908 gepriesen und die „guten Kontakte zu den Absolventen“.

Die Absolventen 2019 sprechen von einem „schlechten Schulklima“; von mangelnder Förderung leistungsschwacher wie leistungsstarker Schüler; von Lehrerwechseln, Seiteneinsteigern und Lücken im Stoff. Unter anderen sollen in den Biologie- und Mathe-Kursen der Abiturstufe Teile des Prüfungsstoffes nicht behandelt worden sein.

Eltern sprechen von würdelosem Abschied

Ärger gab es auch um die Zeugnissübergabe. Die Abiturienten erhielten die Zeugnisse feierlich vor dem Abiball, die anderen wurden tags zuvor in die Aula gebeten, 9.30 Uhr. Das Prozedere dauerte keine zehn Minuten. Ein feierlicher Rahmen, eine Fest- womöglich gar Trostrede? Fehlanzeige. Dafür Stimmen, die den scheidenden Schülern nahelegten, sich zu schämen. Eltern, die sich extra freigenommen hatten, um der letzten Zeugnisausgabe ihrer Kinder beizuwohnen, empfanden das Vorgehen als „würdelos und schäbig“.

„Ich finde es für die betroffenen Schüler ausgesprochen bedauerlich, wenn eine von den Abiturenten gewünschte Feierstunde so abläuft“, sagte der schulpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Jens-Holger Schneider. Bernhard Wildt, Chef der Fraktion Freie Wähler/BMV, betonte: „Auch die Schüler der unteren Jahrgänge und ihre Eltern haben Anspruch auf eine Behebung eventueller Missstände.“ Als Vater eines Abiturienten auf Rügen plädiert er für Fairness. „Schüler, die mindestens sechs Jahre gemeinsam zur Schule gegangen sind, sollten gemeinsam Abschied von der Schule feiern.“

Schulamt Greifswald soll den Fall untersuchen

Schmallippige Stellungnahmen kommen von den Fraktionen der Regierungsparteien, von CDU und der SPD, aus deren Reihen die Bildungsministerin Bettina Martin stammt. Man wolle sich über die Vorgänge informieren. „Das vergleichsweise schlechte Abschneiden beim Abitur scheint in der Tat ungewöhnlich“, so CDU-Bildungsexperte Marc Reinhardt.

Das Ministerium hat das Schulamt Greifswald mit einer Analyse des Falls beauftragt. „Die Schulrätin hat erste Gespräche geführt und wird den Austausch mit der Schule in der Vorbereitungswoche des neuen Schuljahres fortsetzen“, teilte eine Sprecherin mit. Danach folge eine „externe Evaluation“ durch das Institut für Qualitätsmanagement.

Ob aus der pädagogischen Leistung, weniger erfolgreichen Schülern Schamgefühle zu wünschen und eine gemeinsame Zeugnisausgabe zu verwehren, Konsequenzen erwachsen? „Wir gehen davon aus, dass diese Erwartung im kommenden Jahr auch vom Oskar-Picht-Gymnasium besser erfüllt wird.“