StartseiteRegionalPasewalkZwei Kilometer vom Bus nach Hause – ist das einer 11-Jährigen zuzumuten?

Schulweg-Streit

Zwei Kilometer vom Bus nach Hause – ist das einer 11-Jährigen zuzumuten?

Schwennenz / Lesedauer: 3 min

Eine Familie an der polnischen Grenze hat Ärger mit dem Schulamt. Die Tochter wird nur bis zur Haltestelle, aber nicht zum Wohnhaus befördert. Jetzt gibt es Konsequenzen.
Veröffentlicht:04.12.2022, 19:22

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Darf einer Elfjährigen ein knapp zwei Kilometer langer Fußweg von der Bushaltestelle im Dorf zugemutet werden, um nach der Schule nach Hause zu kommen? Die Antwort von Markus Milz aus Schwennenz ist eindeutig: Nein! „Es geht um die Sicherheit unserer Tochter. Und die ist nicht gegeben“, sagt der Schwennenzer.

Besondere Gefahr wegen fehlender Wege

Morgens würde er oder seine Frau die Tochter zur Haltestelle ins Dorf fahren. Am Nachmittag nach dem Schulbesuch in Löcknitz sei ein Abholen von der Haltestelle in Schwennenz aber meistens nicht möglich, da beide berufsbedingt unterwegs seien. Der Schulbus müsse nur einen kleinen Umweg nehmen, um am Grundstück, einem Ausbau, vorbeizufahren.

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„Wir leben in der Grenzregion“, sagt Markus Milz. Der zu Fuß zurückzulegende Schulweg ist aus seiner Sicht besonders gefährlich, weil es für einen Teil der Strecke keinen Fuß- oder Radweg gebe, die Straße unbeleuchtet sei und diese auch über keine Ampel oder Zebrastreifen verfüge. Der Schwennenzer verweist auf die Satzung des Landkreises Vorpommern-Greifswald, wonach ein Schulweg – unabhängig von Mindestentfernungen zum Wohnhaus und Verkehrsaufkommen – als besonders gefährlich einzuschätzen sei, wenn er entlang einer Bundes-, Landes- beziehungsweise Kreisstraße ohne Rad- und Gehweg führt.

Trotzdem habe der Landkreis seinen Antrag auf individuelle Schülerbeförderung nach zweieinhalb Monaten abgelehnt. Die Tochter sei danach für mehrere Tage nicht zur Schule gegangen.

Landkreis rät der Familie zum Umzug

„Das kann doch nicht sein. Wir verlangen doch nichts Außergewöhnliches“, sagt Milz. Im zuständigen Bereich für Schülerbeförderung des Kreises habe man ihm sogar geraten, umzuziehen. „Der Kreis hat auch in unserem Fall eine Beförderungspflicht!“, macht der Schwennenzer seinen Standpunkt deutlich. Er hat inzwischen einen Anwalt eingeschaltet.

Der Landkreis teilt auf Nordkurier-Nachfrage mit, dass die Tochter der Familie eine Schülerfahrkarte vom Wohnort Schwennenz zur Schule nach Löcknitz und zurück habe. Es sei also eine Beförderung sichergestellt. „Herr Milz fordert darüber hinaus die Beförderung vom Wohnhaus der Familie bis zur Bushaltestelle in Schwennenz. Dies ist Gegenstand eines Rechtsstreits. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt und eine gerichtliche Entscheidung abzuwarten bleibt, kann sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht weiter geäußert werden“, so Kreissprecher Florian Stahlkopf.

Tochter geht jetzt in Polen zur Schule

Markus Milz zufolge teilte das Schulamt in Greifswald der Familie vor ein paar Tagen mit, dass ein Verstoß gegen die Schulpflicht der Tochter eine Ordnungswidrigkeit darstelle, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Sorge die Familie nicht für einen regelmäßigen Schulbesuch der Tochter, würden eine „Zuführung durch die Landespolizei“ und die Einschaltung des Jugendamtes angedroht.

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Milz und seine Frau haben die Tochter jetzt auf einer privaten internationalen Schule im polnischen Stettin angemeldet. Hier sei, anders als in Löcknitz, eine Betreuung der Elfjährigen von 7 bis 17 Uhr gewährleistet. Diese Schule übernehme auch einen Teil der Fahrtkosten.