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Marode Immobilie

▶ Geisterschloss für nur 3000 Euro Startgebot zu haben

Züsedom / Lesedauer: 4 min

Das Gutshaus in Züsedom soll versteigert werden. Wer es kauft, bekommt viel Platz und eine Menge Überraschungen.
Veröffentlicht:28.11.2021, 17:19

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Schwarze Fenster mit kaputten Scheiben starren ins Leere, Wind pfeift um verwitterte Mauern, Spinnweben verhüllen Schutt, der Krähenschwarm fehlt, aber immerhin hockt eine Elster auf der Wiese vor dem Haus: Das Gutshaus in Züsedom (Landkreis Vorpommern-Greifswald) erinnert an ein Geisterschloss. Wer es haben will, hat jetzt die Gelegenheit. Die Immobilie samt Grundstück wird für gerade einmal 3000 Euro Startgebot bei den Deutschen Grundstücksauktionen angeboten.

Züsedoms Vize-Bürgermeisterin Gerlind Neumann möchte das Gebäude nicht geschenkt haben. „Es war mal so schön wie ein richtiges Schloss. Aber seit vielen Jahren steht es leer, das Dach ist kaputt, es regnet rein. Ich glaube nicht, dass es zu retten ist. Was sollte man auch damit machen in dieser Gegend, in der es nichts gibt, keine Schule, keine Infrastruktur? Die jungen Leute sind schon weg, jetzt gehen auch die alten. Eigentlich ist es schade. Es war wirklich mal schön“, sagt die 60-Jährige. Obwohl sie nicht daran glaubt, wünscht sie sich doch, dass dem Haus ein neuer Besitzer zu altem Glanz verhilft. Wer Lust, Kraft und Geld hat, sollte am 17. Dezember ab 11 Uhr zuschlagen. Dann nämlich kommt das Objekt in Berlin unter den Hammer.

Heizungen, Toiletten, Strom – alles nicht vorhanden

Das Gutshaus wurde nach Auskunft der Deutschen Grundstücksauktionen um 1700 gebaut und ist heute als Einzeldenkmal geschützt. Heizungen, Toiletten oder Duschen sind nicht mehr vorhanden, nicht einmal Strom. „Insgesamt ist es stark sanierungs- und modernisierungsbedürftig“, heißt es aus dem Auktionshaus. Nicht zu übersehen seien Müll, Schutt und Vandalismusschäden. Da haben sich viele Leute bedient, sagt Gerlind Neumann. Möbel, Stuck, Fliesen – alles fand einen Abnehmer. „Einmal hat hier ein junger Mann aus Brandenburg in aller Seelenruhe die Parkettplatten ausgebaut. Ich habe ihm gesagt, dass er die Eigentümer fragen muss, aber das hat ihn gar nicht interessiert.“

Eigentümer soll es mehrere gegeben haben in den vergangenen 300 Jahren. „In dem Gutshaus lebte unter anderen die Kunstmalerin Elsa Marie Erna Blanka Louise von Arnim, welche am 5. Mai 1888 als siebtes und jüngstes Kind ihrer Eltern Carl von Arnim (1846 – 1913), Gutsherr auf Züsedom, und seiner Ehefrau Sophie, geborene Gräfin von Schwerin (1851 – 1933), zur Welt kam. Ihr Großvater Hans von Arnim (1789 – 1861) hatte das Gut 46 Jahre zuvorgekauft. Es blieb bis 1945 im Besitz der Familie und bot Elsa bis dahin eine vertraute Stammheimat“, teilt das Auktionshaus mit.

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Eine Hundefutterfabrik war hier mal untergebacht

Nach dem Krieg haben Flüchtlinge „jeden Quadratzentimeter belegt“, weiß Gerlind Neumann. Viele Jahre später habe ein Mann aus dem Saarland das Haus für seine Tochter gekauft. Als er verstarb, erbte die gerade einmal 18-Jährige das Anwesen. Als Schule soll es mal genutzt worden sein. Auch die Gesellschaft zur Ausbreitung des Evangelismus mit Sitz in Frankfurt am Main soll das Haus mal besessen haben. Manche sprechen von einer Sekte. Aber das stimmt nicht. „Das war keine Sekte, auch wenn der Name so klingt“, sagt Gerlind Neumann. Sogar eine Hundefutterfabrik soll in dem Gebäude betrieben worden sein. Auch Waschmittel wurde dort verpackt, berichtet Gerlind Neumann.

Nachfrage nach Gutshäusern steigt

Rund 5300 Quadratmeter Land gehören zur Immobilie. Kaufinteressenten können ausführliche Objektunterlagen anfordern. Die Auktion in der Lietzenburger Straße 89 in Berlin kann auch im Internet per Live-Stream verfolgt werden.

Das im Verfall begriffene Gutshaus in Züsedom ist längst nicht das einzige Sorgenkind der Arbeitsgruppe für stark gefährdete Gutshäuser im Regionalen Planungsverband Vorpommern. 142 unsanierte Gutshäuser stehen in Vorpommern-Greifswald und Vorpommern-Rügen, teilt Katja Wächtler vom Planungsverband mit. 51 davon seien in sehr schlechtem Zustand, wie das in Züsedom. Eigens für sie sei die Arbeitsgruppe gegründet worden. Es gebe aber auch Erfreuliches zu berichten. Die Nachfrage nach Gutshäusern steige. Für viele finde sich ein Käufer – und seien sie noch so marode.