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LED-Straßenbeleuchtung

Gericht verhandelt Torgelower Vergabe-Krimi

Pasewalk / Lesedauer: 4 min

Das Oberlandesgericht Rostock verhandelt zwischen der Pasewalker Leuchtenbau GmbH und der Stadt Torgelow. War die Umrüstung aller Straßenlaternen auf LED-Technik rechtmäßig?
Veröffentlicht:03.07.2019, 06:35

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Am Oberlandesgericht in Rostock wird am heutigen Mittwoch, 3. Juli, ein Vergabe-Krimi erster Güte verhandelt. Die Akteure: die Pasewalker Leuchtenbau GmbH auf der einen und die Stadt Torgelow auf der anderen Seite.

Torgelow plant seit Längerem die komplette Umrüstung der Straßenlaternen auf LED-Technik. Etwa 2200 Leuchten in der Stadt und in den Ortsteilen sollen künftig den Bürgern energiesparend und effektiv „heimleuchten“. Angesichts der Auftragssumme und des hohen Förderanteils muss die Stadt den öffentlichen Auftrag europaweit ausschreiben.

Pasewalker Unternehmen: Wettbewerb nicht erwünscht?

Auch das Unternehmen Leuchtenbau Pasewalk GmbH forderte die Ausschreibungsunterlagen an. „Wir sind 28 Jahre erfolgreich am Markt tätig. Da kennt man sich in derartigen Unterlagen aus. Bei der Durchsicht gewannen wir den Eindruck, dass ein echter Wettbewerb gar nicht erwünscht war und die Ausschreibung auf nur einen Bieter abzielte, auf ein Unternehmen in Leipzig“, sagt Geschäftsführerin Ilona Burmeister.

Beispielsweise enthielten die Unterlagen exakte Darstellungen, wie die Leuchten aussehen sollten. Es waren Bilder des Leipziger Leuchtenbau-Unternehmens. In der Ausschreibung befanden sich Datenblätter 1:1 des sächsischen Unternehmens. Die Pasewalker reagierten.

„Wir haben das Verfahren gerügt, weil aus unserer Sicht die Ausschreibung auf genau einen Bieter abzielt und das ist nicht gesetzeskonform. Neben dem Gebot der eindeutigen Leistungsbeschreibung muss die Vergabestelle vor allem das Gebot der produktneutralen Ausschreibung beachten“, sagt die Geschäftsführerin.

Torgelow entscheidet sich für Leipziger Unternehmen

Die Stadt Torgelow reagierte auf die Rüge nicht. „Weil wir ein grundsätzliches Interesse an dem Auftrag haben, gaben wir trotzdem unser Angebot ab“, erklärt Ilona Burmeister. Innerhalb von nur einer Woche entwarfen die Pasewalker sogar fünf Muster, wie die Lampen, den Vorstellungen der Stadt Torgelow folgend, aussehen könnten. Doch am 1. Oktober flatterte den Pasewalkern ein Brief ins Haus: „Vielen Dank für die Teilnahme, wir haben uns für die Leipziger entschieden... Stadt Torgelow.“

Zwei Wochen später sollte die Vergabe verbindlich werden. Das Unternehmen legte fristgemäß Einspruch gegen die Vergabe an das Leipziger Unternehmen ein. „Das erste Mal in unserer Betriebsgeschichte haben wir uns dazu entschlossen, einen Schritt weiter zu gehen: Wir haben die Vergabekammer in Schwerin angerufen“, so Ilona Burmeister.

Rein rechtlich war dieser Schritt nur möglich, weil die Leuchtenbau GmbH das Ausschreibungsverfahren zuvor gerügt hatte. Anfang Mai 2019 schloss die Vergabekammer alle Prüfungen ab: In allen Punkten bekam das Pasewalker Unternehmen recht; der Stadt Torgelow wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Pasewalker Leuchten: 30 Prozent sparsamer, 450 000 Euro günstiger

Aus Pasewalker Sicht konnte die Vergabekammer auch zu keinem anderen Ergebnis kommen. 16 Unternehmen hatten sich um die Ausschreibungsunterlagen bemüht, sechs gaben ihre Gebote ab. Bei einem Vergleich der Gebote stellte sich heraus, dass die Pasewalker Leuchten sogar rund 30 Prozent sparsamer als die Leipziger sind, also in den kommenden zehn Jahren Torgelow rund 100 000 Euro Energiekosten zusätzlich sparen würde.

Das Angebot des Leipziger Unternehmens war darüber hinaus rund 450 000 Euro teurer als das der Pasewalker. „Ehrlich gesagt: Ich verstehe die Motive der Stadt nicht, eine andere Vergabe vorzunehmen. Es geht hier um viele Tausend Euro der Torgelower Bürger, die regelrecht verbrannt werden“, sagt die Geschäftsführerin.

Wer vermutet, dass Torgelow nach dem Entscheid der Vergabekammer und angesichts der Fakten einlenkt, der täuscht sich. Die Stadt hat die Möglichkeit, Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer einzulegen. Diese Beschwerde legte die Stadtverwaltung im Alleingang wegen der ablaufenden Einspruchsfristen ein. Die Stadtvertreter sahen dann in der letzten Sitzung vor der Kommunalwahl von einer sofortigen Beschwerde ab.

Pasewalker Leuchtenbauer sind zuversichtlich, Recht zu bekommen

Nach den Kommunalwahlen kam das Thema erneut auf die Tagesordnung der Stadtvertreter. Die neuen Kommunalvertreter stimmten nun zu. Bestätigt wurde der Antrag nur, weil sich ein Großteil der neuen Kommunalvertreter enthielt und keine Position bezog. Deshalb verhandelt heute das Oberlandesgericht den Fall. „Wir gehen in die Verhandlung mit der großen Zuversicht, dass uns auch das Oberlandesgericht in diesem Verfahren recht geben wird“, sagt Ilona Burmeister.

Torgelows Bürgermeisterin reagierte am Dienstag, 2. Juli, nicht auf eine Anfrage des Nordkurier, mit welchen Erwartungen die Stadt in das Verfahren geht.