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Interview

▶ Ist Windkraft ein grober Verfassungsverstoß?

Linken / Lesedauer: 3 min

Norbert Große Hündfeld, Rechtsanwalt im Ruhestand, ist in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs, um seine Position zur Verfassungsgemäßheit der Energiewende vorzustellen. Rainer Marten sprach mit dem Anwalt.
Veröffentlicht:15.08.2020, 06:48

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Sie sind in diesen Tagen in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs, treffen sich hier mit Vertretern von Bürgerinitiativen, die gegen den massiven Windkraftausbau tätig sind. Sie reden dort auch über die Verfassungsgemäßheit der Energiewende mit dem Ausbau der Windenergie. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Erlauben Sie zuvor einige Sätze zu meinem Werdegang. Ich bin im Februar 2011 nach einer rund 40-jährigen anwaltlichen Tätigkeit in den Ruhestand gegangen. In meiner Tätigkeit habe ich mich mit Fragen des Verfassungsrechtes, der Energiewirtschaft, auch mit dem Atomrecht befasst. Fast am Ende meiner Tätigkeit sollte ich für ein Unternehmen der Atomenergie der rechtlichen Frage nachgehen, ob es sich noch lohnt, in diese Branche zu investieren. Mit Fukushima hatte sich diese Frage praktisch erledigt, denn im Wettkampf der Parteien wurde das Thema so zugespitzt, dass die Bundesregierung beschloss, aus der Atomenergie auszusteigen!

Wie funktioniert eigentlich die Genehmigung von Windkraftanlagen?

Frühere Überlegungen, über Jahre eine Brücke von einem zum anderen Energieträger zu bauen, wurden fallen gelassen. In wenigen Monaten wurden die EEG-Gesetze, die Gesetze der erneuerbaren Energien, beschlossen. Die Umstellung auf andere Energieträger, besonders auf die Windenergie wurde nicht abgewogen, es wurden nicht neutral die Vorteile oder die Nachteile der so vollzogenen Energiewende abgewogen. Es ging nur noch darum, die Erderwärmung und den Co2-Ausstoß zu begrenzen, ohne auf die Verfassungsgemäßheit der folgenden Gesetze zu achten. Nicht beachtet wurde das besonders, als es um die Gesetze zum Ausbau der Windenergie ging. Denn mit dem § 20a des Grundgesetzes, erst 1994 eingeführt, wurde das Umweltrecht in der Verfassung verankert. Es heißt dort unter anderem, der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung. Dass Tiere durch die Windkraftanlagen umkommen, ist unbestritten. Auch die Landschaft wird zerstört.

Wo sehen Sie Verfassungsverstöße?

Verstoßen wurde gegen den § 20a des Grundgesetzes rechtlich 1996 mit dem Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und mit dem § 35, Absatz 1 Nummer 5. Er beinhaltet der Privilegierung der Windkraft. Das Gesetz ist ein gravierender Eingriff in die Natur und Landschaft. Hier muss man in die Geschichte gehen, denn es gibt aus historischen Gründen den § 35 Absatz 2. Er verbietet das Bauen im Außenbereich, weil man eine Zerstückelung der Landschaft, wie sie sich in Zeiten der Industrialisierung abzeichnete, unbedingt verhindern will. Für uns ist der § 35, Absatz 2, ein entscheidender Paragraf.

In der Öffentlichkeit wird das nicht thematisiert. Warum?

Deshalb bin ich unterwegs. Wir wollen diese Diskussion; die Politik will sie nicht. Wir fordern eine Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Windenergie, denn laut § 20a des Grundgesetzes darf der Staat nicht zerstören, was er schützen muss. Die Schäden an der Umwelt sind jedoch schon jetzt unverkennbar. Es wird im Zuge der Diskussion darum gehen, Schäden und Nutzen gegeneinander abzuwägen.