Gymnasium
Pasewalk widmet jüdischer Geschichte eine Festwoche
Pasewalk / Lesedauer: 3 min
Wer kann besser über das Leben jüdischer Mitbürger in der Region berichten als Egon Krüger aus Pasewalk? Das haben sich Lehrer des Deutsch-Polnischen Gymnasium (DPG) Löcknitz gedacht und den Kenner jüdischer Geschichte zu einem Projekttag in Pasewalk eingeladen. Egon Krüger begleitete die 35 Gymnasiasten auf den jüdischen Friedhof in der Stadt und zeigte ihnen anschließend Stolpersteine.
Erinnerung an einstige Synagoge
„1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland passt gut zum Unterrichtsstoff in der zwölften Klasse. Die Schüler des Leistungskurses Geschichte in Verbindung mit dem Philosophie- und Religionskurs begeben sich sozusagen auf Lokalrecherche“, berichtet Cornelia Conrad, Geschichtslehrerin am DPG. Nach ihren Worten halten die Schüler Vorträge und besuchen jüdische Stätten wie den Gedenkstein zur Erinnerung an die einstige Synagoge in der Pasewalker Grabenstraße. Später werden sie im Löcknitzer Gymnasium eine Lerninsel aufbauen, an der Plakate, Fotos oder ein Zeitstrahl ausgestellt sind. So könnten sich auch andere Schüler zu dem Thema informieren, erklärt Cornelia Conrad.
Von Egon Krüger erfuhren die Schüler, dass es jüdisches Leben in Pasewalk seit dem Jahr 1812 gibt und die Ansiedlung von Menschen dieser Religionsgemeinschaft auf ein Edikt (Bekanntmachung) des preußischen Königs Wilhelm III. zurückgeht. Viele Juden seien aus dem Osten in die Region eingewandert. „Bereits 1856 hat man in Pasewalk 286 jüdische Bürger gezählt. Bei rund 6.000 Einwohnern waren damit etwa fünf Pozent der Pasewalker Juden. Neben Stettin hatte Pasewalk den höchsten Anteil im Nordosten“, sagte Egon Krüger.
Nationalsozialisten löschten jüdisches Leben in Pasewalk aus
Die Zahl der jüdischen Mitbürger in der Stadt sei im Laufe der folgenden Jahrzehnte zurückgegangen. Dies werde vornehmlich auf fehlende Arbeitsmöglichkeiten, auf die ausgebauten Bahnverbindungen nach Berlin, Hamburg und Stettin und die geringere Zahl geborener Kinder zurückgeführt. In der Reichspogromnacht im November 1938 sei auch der jüdische Friedhof geschändet und die Synagoge in der Grabenstraße in Brand gesetzt worden.
Am 12. Februar 1940 haben die Nazis die letzten 16 Juden deportiert und anschließend in Konzentrationslagern ermordet. Damit sei das jüdische Leben in Pasewalk erloschen. Der Gedenkstein zur Erinnerung an den jüdischen Friedhof sei 1949 mithilfe von Spenden aufgestellt worden.
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Konzert, Workshops, Filme und Ausstellungen
Anlässlich des Jubiläums „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ wird es in Pasewalk vom 19. bis 26. September eine Festwoche mit mehreren Veranstaltungen geben. Nach einem sinfonischen Eröffnungskonzert in der Marienkirche seien Konzerte, Ausstellungen, Workshops in den Bereichen Kunst und Musik und in Kooperation mit Schülern des Pasewalker Picht-Gymnasiums sowie ein Filmabend in der Nikolaikirche geplant, kündigt Gertrud Ohse, Vorsitzende des Vereins Kirchenmusik Pasewalk, an.
Auch eine Stadtführung mit Egon Krüger an Orte jüdischen Lebens in Pasewalk am 25. September stehe im Programm. Am Donnerstag, 23. September, werde um 19 Uhr der Spezialist für zeithistorische Forschung in der Greifswalder Landeskirche, Irmfried Garbe, einen Vortrag halten. Interessierte seien eingeladen, Wissenswertes zur langen Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Deutschland zu entdecken – über jüdische Kultur, ihre spannende Rolle in der Gesellschaft, aber auch die dunklen Seiten der Judenverfolgungen in allen Jahrhunderten, so Gertrud Ohse.
Mehr Informationen zur Festwoche: www.nikolai-pasewalk.de