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Praxisversuch

▶So können Drohnen Leben retten

Penkun / Lesedauer: 3 min

Mehrere Tage lang wird das leise Surren einer Drohne über Penkun zu hören sein. In dem Städtchen startete die Universitätsklinik Greifswald einen Versuch, um im Notfall Leben retten zu können.
Veröffentlicht:05.11.2019, 08:05

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Von den Rotorblättern spritzen die Wassertropfen. Erst ein wenig, dann über stärker. „Ceptor“, eine 10,5 Kilogramm schwere Drohne der neuesten Generation, hebt ab und schwebt dann in der Penkuner Sandkuhlstraße über den Vorplatz des Gerätehauses der Feuerwehr. Im Wagen sitzend verfolgt am Bildschirm Jörg Brinkmeyer von der Firma Globe UAV mit Sitz bei Paderborn das Auf und Ab des Fliegers. Er steuert die Drohne. „Dass die Technik versagt, damit habe ich auch nicht gerechnet“, sagt Prof. Dr. Klaus Hahnenkamp. Der Direktor der Klinik für Anästhesiologie – zu seinem Bereich gehört die Intensiv-, Notfall und Schmerzmedizin der Universitätsmedizin Greifswald – ist mit einem ganzen Stab nach Penkun gereist, um dort ein weit in die Zukunft reichendes medizinisches Projekt zu testen.

Ersthelfer sind speziell geschult

Mit einer Drohne sollen AED-Defibrillatoren zu einem Notfall transportiert werden. AED steht dabei für automatisierter externer Defibrillator, auch Laiendefibrillator genannt. Es handelt sich um ein medizinisches Gerät zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch die Abgabe von Stromstößen. „Wir wollen herausbekommen, ob es in einem Gesamtsystem der Notfallrettung Sinn macht, derartige Geräte einzufliegen“, erklärt Prof. Dr. Hahnenkamp. Zum Gesamtsystem gehört, dass in den vergangenen vier Jahren im Landkreis Vorpommern-Greifswald rund 16.000 Laien so ausgebildet wurden, dass sie im Notfall Menschen helfen können. Zusätzlich forciert der Landkreis das Projekt der Landretter.

Dabei handelt es sich um ehrenamtliche Ersthelfer, die speziell in Wiederbelebungsmaßnahmen medizinisch qualifiziert und geschult wurden. Auf ihrem Smartphone haben sie die „Land-Retter“-App geladen. „In dieses bestehende System wollen wir eine zusätzliche Komponente einrichten – den Drohnentransport von AED-Defibrillatoren, wenn ein Notfall eintritt“, erklärt Prof. Dr. Hahnenkamp. Das System hat die dünn besiedelte ländliche Region im Blick. Jene Region, die von der schnellen medizinischen Hilfe zeitlich verzögert erreicht wird. Ziel sei es, auch dort eine Notfallversorgung aufzubauen, wie sie in den Ballungsgebieten vorhanden ist – mittels moderner Technik.

Lebensnahe Situation nachgestellt

Im Praxisversuch am Montag und in den kommenden Tagen mit Akteuren aus Penkun stellt das Team um Prof. Dr. Hahnenkamp eine lebensnahe Situation nach: Ein Notfall tritt ein. Die Leitstelle wird informiert. Diese schickt den Rettungsdienst los. Gleichzeitig wird ein Smartphone-gekoppelter Landretter alarmiert, dessen Handy-Koordinaten verraten, wo er sich aufhält. Mit der Alarmierung wird eine Drohne mit dem AED-Defibrillator zum Notfallort geschickt. „Uns geht es darum, zu erfahren, ob sich die Helfer auskennen, ob sie das Gerät entladen können und auch den Schock abgeben. Am Ende wollen wir wissen, ob es Sinn macht, an der Entwicklung dieses Systems zu arbeiten“, so der Professor. Die Politik nimmt das Thema ernst. Unterstützt wird das Projekt vom Bundesgesundheitsministerium mit aktuell 400 000 Euro. Für die Tests, die Verfeinerungen und die abschließenden Bewertungen werden Jahre ins Land gehen. Schon jetzt geht man davon aus, dass Laienanimateure rund 10 000 Leben jährlich in Deutschland retten können – auch mittels modernster Technik, die schnell vor Ort ist.