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Fremdenfeindlichkeit

Polnische Familie will nach Angriff aus Vorpommern wegziehen

Löcknitz / Lesedauer: 3 min

Andrzej B. und seine Familie leben in Grambow. Sie fühlten sich wohl hier. Doch nach einer Attacke in Löcknitz, bei der auch ein Messer eine Rolle spielte, zieht der Pole Konsequenzen.
Veröffentlicht:10.10.2022, 20:01

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Der Vorfall liegt schon ein paar Tage zurück, doch er lässt Andrzej B. aus Grambow nicht zur Ruhe kommen, macht ihn fassungslos und wütend: Am Netto-Markt in Löcknitz sei er am Nachmittag des 1. Oktober rechtsextremistisch beleidigt und angegriffen worden, schildert der 63-Jährige. Schon im Markt habe ihm ein etwa 30-jähriger Mann mit Bomberjacke den Einkaufswagen mit den Worten „Na, weiter Junge, weiter“ in die Hüfte gestoßen.

Mit Messer auf ihn zugekommen

Auf dem Parkplatz sei der Mann dann brüllend und aggressiv auf ihn zugekommen und habe ihn beleidigt. „Ihr verdammten Polen. Ihr kommt nach Deutschland, um unser Geld zu kriegen und unsere Arbeitsstelle zu besetzen und unsere Autos zu stehlen. Raus aus Deutschland!“, habe dieser ihm gegenüber geäußert. Andrzej B. zufolge zog der Mann dann ein kurzes Messer aus der Tasche und kam noch näher auf ihn zu. Erst, als der Pole schrie: „Zurück, zurück, Polizei kommt“, sei der Angreifer zu seinem Auto zurückgekehrt, auf dem die Aufschrift „Skinhead“ stand. Mit seinen Bekannten sei der Mann dann weggefahren. Das Nummernschild habe sich Andrzej B. notiert. Zwei Männer, die er als Zeugen angesprochen und gebeten habe, zu warten, bis die Polizei kommt, hätten gesagt: „Wir haben nichts gesehen.“

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Hoffen auf Videoaufnahmen

Der Grambower grübelt nun. „Es war ein Fehler, dass ich nicht gleich die Polizei gerufen habe. Aber ich hatte keine Zeugen“, meint der 63-Jährige, der in Stettin in der Wohnungsvermietung tätig ist. Bei der Polizei in Pasewalk habe er schließlich später doch Anzeige erstattet. Mit Videoaufnahmen vom Markt hoffe er, dass der Angreifer ermittelt werde. Er werde nicht nur Bekannten von dem Vorfall berichten, als Konsequenz habe er zudem entschieden, mit seiner Familie aus Grambow wegzuziehen.

Anzeige liegt vor, Staatsschutz wird den Fall bearbeiten

Die Polizei bestätigt auf Nordkurier-Nachfrage, dass eine Anzeige von Andrzej B. vorliegt. Der Staatsschutz werde diesen Fall bearbeiten.

Dem Polizeipräsidium Neubrandenburg zufolge hat es in diesem Jahr im Revierbereich Pasewalk bisher 13 Übergriffe gegeben, bei denen es entweder nichtdeutsche Opfer oder auch nichtdeutsche Tatverdächtige gab. Bei den Übergriffen handelte es sich um Beleidigung auf sexueller Grundlage, Bedrohung und Körperverletzungen. Im Jahr 2021 seien es 22 Fälle gewesen.

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Amtsvorsteher: Vernünftiges Zusammenleben mit polnischen Einwohnern

Nach Angaben von Stefan Müller, Amtsvorsteher des Amtes Löcknitz-Penkun, ist in der jüngeren Vergangenheit nichts von Übergriffen auf polnische Bürger bekannt geworden. „Wir leben seit vielen Jahren in ruhigen Zeiten. Mit den polnischen Einwohnern gibt es ein vernünftiges Zusammenleben“, betont Müller. Immerhin 10 bis 20 Prozent der Einwohner in den Dörfern würden aus dem Nachbarland stammen. Auch aus dem Regionalen Präventionsrat Löcknitz-Penkun gebe es keine Informationen über derartige Fälle. In dem Präventionsrat seien auch polnische Bürger vertreten.

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